Einheit um Beppe Grillo bröckelt

In der Protestbewegung von Beppe Grillo ist zum ersten Mal ein Bruch sichtbar geworden. Bei der Wahl des Saenatsvorsitzenden sind einige der von Grillo ausgegeben Linie untreu geworden und haben, statt weiß abzugeben, für den Kandidaten des Linksbündnisses gestimmt. Sie haben ihm damit zum Sieg verholfen und dazu beigetragen, den Kandidaten Berlusconis zu verhindern.

Morgenjournal, 18.3.2013

Zwei Seelen

Samstag Nachmittag im italienischen Senat werden die zwei Seelen in der "Fünf Sterne"-Bewegung sichtbar: Nach drei erfolglosen Wahlgängen wird per Stichwahl entschieden, wer Senatspräsident wird. Die Auszählung ist im Gange. Es herrscht Hochspannung. Zwei Namen bestreiten das Finale: Für das Linksbündnis der ehemalige und hier in Italien hochgeschätze Anti-Mafia-Staatsanwalt, Pietro Grasso, für die Rechte Renato Schifani. Der Sizialianer ist treuer Gefolgsmann Berlusconis und seit jeher im Geruch möglicher Mafia-Kontakte.

Als EX-Staatsanwalt Grasso die nötige Stimmenzahl erreicht, brandet Applaus auf, und sofort ist klar: Rund ein Dutzend "Grillini" dürften für Grasso gestimmt haben. Eins zu Null für Sozialdemokraten-Chef Bersani. Er hatte in einem klugen Schachzug für den Vorsitz der beiden Häuser neue Gesichter aufgestellt - keine Berufspolitiker, die erklärten Feinde Beppe Grillos.

"Grillini" in der Krise

Im Abgeordnetenhaus macht Laura Boldrini das Rennen, Italiens bisherige UNHCR-Sprecherin. Ihre Wahl war kein Problem. Im Unterhaus verfügt die Linke über die nötige Mehrheit. Anders im Senat: Die Stichwahl zwischen - wenn man so will dem Guten und dem Bösen - stürzt die rund 50 "Grillini" hier in eine schwere Krise. Ohrenzeugen berichten, es habe während ihrer Vorbesprechung hinter verschlossenen Türen Geschrei und Tränen gegeben. "Ein Mafioso als Senatspäsident - das kann ich niemals verantworten", soll eine Grillo-Senatorin gerufen haben. Vor allem die Gruppe der Sizilianer, so berichten die Zeitungen, soll verlangt haben, frei entschieden zu dürfen.

Nach erfolgter Wahl spielt der Fraktionssprecher der "Grillini" die Beihilfe seiner Gruppe herunter: "Die Wahl ist geheim und jeder hat nach seinem Gewissen gewählt. Die Gruppe hat sich mehrheitlich, glaube ich, an unsere Linie gehalten und weiß oder ungültig gewählt."

Kollision mit politischer Realität

Am Abend dann das Verdikt des Chefs: Grillo ruft "Verrat" und fordert auf seinem Blog die Abtrünnigen unmissverständlich auf, zu gestehen und zurückzutreten. In den Internetforen und Twitter-Diskussionen sind die Meinungen von Grillo-Wählern und -Anhängern geteilt. Faktum ist, die Totalopposition der "Grillini" ist zum ersten Mal mit der politischen Realität kollidiert. Dennoch: Eine Regierung ist auch nach diesem Zwischenfall noch lange nicht in Sicht. Bersani hat nur ein erstes Match gewonnen. Viel schwierigere stehen ihm noch bevor.