"Grillini" tagen in Rom

In Italien ist die politische Lage weiter festgefahren. Eine Regierungsvereinbarung ist nicht in Sicht. Beppe Grillo verweigert sich weiter dem Werben von Sozialdemokraten-Chef Bersani. Dessen Wahlbündnis hat zwar gewonnen, ist aber zu schwach, um allein zu regieren. Am Sonntag sind die 163 Neo-Parlamentarier der Bewegung Beppe Grillos nach Rom gereist.

Morgenjournal, 5.3.2013

Treffen zum Kennenlernen

Wie Marsmenschen sind sie in Rom gelandet, beschrieb es ein Kommentator. "Gebt uns die Zeit, wir werden dann schon reden", ruft eine der Grillo-Abgeordenten den Journalisten zu. "Es ist unangenehm, von euch verfolgt zu werden, wir sind ganz normale sterbliche Menschen." Dutzende Journalisten haben fast zwei Tage lang das Hotel, wo sie tagten, belagert.

Hinter verschlossenen Türen in einem Hotel in Rom wollten sich die 109 Abgeordneten und 54 Senatoren und Senatorinnen erst einmal kennenlernen. Auch Grillo tauchte kurz bei ihnen auf. Via Internet konnte man live dabei sein. Einer nach dem anderen stellt sich vor: Ingenieur im Umweltsektor, aus Brescia, 30 Jahre alt, Biologin, aus Palermo, Beamter aus Foggia usw.
Im Durchschnitt sind die Grillini nicht älter als 40, mehrheitlich Akademiker. Als erstes haben sie gestern aus ihrer Mitte die Sprecher ihrer beiden Parlamentsgruppen gewählt. Es gilt ein Rotationsprinzip: alle drei Monate wird gewechselt.

Ratlos, wie es weitergeht

"Keine Regierung mit dem Linken Bündnis Bersanis", bekräftigt am Abend der frisch gewählte Senats-Gruppensprecher bei einer Pressekonferenz: "Die Bewegung kann und wird einer Regierung, die aus Parteien besteht, kein Vertrauen aussprechen." Es ist Beppe Grillos Diktion. Zum wachsenden Verdruss der italienischen Presse sagt er das aber nur ausländischen Medien. Mit der einheimischen Presse spricht er nicht. Grillo verlässt das Hotel durch eine Seitentür: um ihn ein Gerangel und Gewühl. Der Bestürmte schweigt, schiebt sich ins Auto und verschwindet.

In der Öffentlichkeit hierzulande mehren sich die Stimmen, die Grillo dazu aufrufen, sein Versteckspiel zu beenden und nicht länger mit dem Los des Landes zu spielen. Und auch in Grillos Bewegung gibt Leute, die die totale Verweigerung nicht mittragen wollen. Die Linien müssen sich hier erst klären. Genauso wie die Ratlosigkeit, wie es politisch weiter gehen soll.

Neue Expertenregierung?

Es fällt Staatspräsident Napolitano zu, den Knoten zu lösen. Bersani hat sein Ziel, Grillos Unterstützung zu gewinnen, noch nicht aufgegeben. Napolitano lehnt diese Variante aber ab. Zu unsicher. Zurück an die Urnen ist rechtlich nicht möglich. Napolitano ist nur mehr zwei Monate im Amt - er darf das Parlament in dieser Zeit nicht auflösen. Und so kursiert jetzt Plan B: Napolitano könnte wieder, wie schon mit Mario Monti, einen überparteilichen Fachmann mit der Regierung beauftragen. Von Seiten der Grillini ist gestern zu dieser Variante erstmals kein dezidiertes Nein gekommen.