Bersani erfolglos bei Napolitano?

Der Chef der italienischen Sozialdemokraten, Pierluigi Bersani, hat in den vergangenen Tagen Verbündete für eine Regierung gesucht. Am Nachmittag erwartet ihn Staatspräsident Napolitano, um das Ergebnis zu erfahren. Aber offenbar kommt Bersani mit leeren Händen. Gestern hat er sich zum wiederholten Mal eine Abfuhr der Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillos geholt.

Mittagsjournal, 28.3.2013

Öffentliche Abfuhr

Das hat die Nation noch nie gesehen: Verhandlungen, die normalerweise hinter verschlossenen Türen stattfinden, live im Internet. Getreu ihrem Prinzip, alles muss transparent sein, haben die Fünf-Sterne-Vertreter darauf bestanden. An einem Tisch im Parlament sitzen Bersani und sein Begleiter den beiden Fraktionschefs der Grillo-Bewegung gegenüber. Am Ende seiner Ausführungen appelliert Bersani an das Verantwortungsbewusstsein der Grillini: "Nur ein Geisteskranker kann in diesem Moment das Verlangen haben, Italien zu regieren. Ich bin bereit, eine enorme Verantwortung zu tragen und bitte jeden, einen kleinen Teil zu übernehmen."

Bersani aber beißt auf Granit: "Mir schien das jetzt ein bisschen wie eine Talkshow", antwortet Roberta Lombardi, die Vorsitzende der Grillini in der Abgeordnetenkammer. "Ich muss sagen, ich bin 39 Jahre alt, wähle seit 20 Jahren und höre seither immer dieselben Versprechungen." - "Es fehlt die Grundvoraussetzung, um einer von Euch Parteien das Vertrauen auszusprechen, nämlich die Glaubwürdigkeit", sekundiert ihr Pendant im Senat, Vito Crimi.

Wenig später liefert Grillo dann auf seinem Blog sein Urteil nach: "Bersani, Berlusconi, Monti, lauter Hurenböcke, wir schicken sie nachhause!", schreibt er.

Die Situation ist verfahren: Ein in drei ähnlich starke Blöcke aufgeteiltes Parlament findet zu keiner Regierungsmehrheit. Der dritte Block, die Rechte Berlusconis, hat Bersani gestern Abend ein letztes Angebot gemacht. Aber aus dieser Ecke weist Bersani jedes Werben zurück. Zu tief sind die Gräben zwischen Berlusconis Partei und der Linken. Berlusconi setzt ohnehin bereits auf baldige Neuwahlen und hat schon längst wieder einen aggressiven Wahlkampf begonnen.

"Regierung des Präsidenten"

Hoffnungsträger in der ausweglosen Situation ist einmal mehr ein fast 90jähriger Herr im Quirinalspalast. Staatspräsident Napolitano könnte in der Not eine sogenannte Regierung des Präsidenten formen: Eine zeitlich begrenzte Regierung aus überparteilichen Persönlichkeiten, die den katastrophalen Stillstand beendet, die wichtigsten Reformen durchzieht, um dann im Herbst mit einem neuen Wahlrecht die Italiener erneut an die Urnen zu bitten.