Lösung für Otto-Wagner-Gründe?
Einen ganz neuen Nutzungsplan für die Otto-Wagner-Gründe am Steinhof hat heute ein Gremium unter der Leitung von Architekt Adolf Krischanitz vorgestellt.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 03.04.2013
Als vor zwei Jahren erste Projekte zur Bebauung der Gründe rund um das Otto-Wagner-Spital am Steinhof vorgestellt wurden, war die Empörung der Bevölkerung groß. Vom Verkauf großer Flächen an private Bauträger war die Rede und von der Errichtung von 650 Luxuswohnungen auf dem Ostteil des Areals. Dank einer Bürgerinitiative konnte der Großteil dieser Bauvorhaben gestoppt werden. Die Stadt Wien leitete ein Mediationsverfahren ein und beauftragte infolge ein Expert/innengremium damit, angesichts der massiven Bürgerproteste neue Lösungen für die weitere Nutzung und Entwicklung des umstrittenen Ostteils des Areals zu erarbeiten. Nach rund sechsmonatiger Arbeit hat das Gremium unter der Leitung von Architekt Adolf Krischanitz in einer Pressekonferenz seinen Abschlussbericht vorgelegt.
Fachlich breit aufgestelltes Gremium
Seit November 2012 tagte das siebenköpfige Expert/innengremium unter der Leitung von Architekten Adolf Krischanitz. Neben den Architekten Rüdiger Lainer und Dietmar Steiner (Direktor des Architekturzentrums Wien), der Kunsthistorikerin Sabine Plakolm und der Landschaftsarchitektin Maria Auböck waren auch Christoph Luchsinger, Professor für Städtebau und Entwerfen an der TU Wien, und der Verkehrsplaner Andreas Käfer Teil des Gremiums.
Eigentlich sollte sich das Gremium lediglich mit dem Ostteil des Areals befassen und Pläne für eine mögliche Bebauung bzw. Neunutzung bestehender Gebäude ausarbeiten. Aber man erkannte rasch, dass alle Teile des Areals gemeinsam betrachtet werden müssen und weitete die Arbeit auf die gesamte Fläche des Otto-Wagner-Spitals aus.
"Alles in einer Hand - alles in öffentlicher Hand"
Die wichtigste Forderung sei, dass das gesamte Areal in einer Hand bleibe, und zwar in öffentlicher Hand. Alle anderen Lösungen würden einer Zerstörung oder dem Abriss der Gebäude gleichkommen, betonen die Experten. Und: auf dem Hauptareal dürfe es keine Neubauten geben, sondern lediglich eine Umnutzung der denkmalgeschützten Pavillons. Das bedeutet auch, dass bereits verkaufte Flächen zurückgekauft werden müssten oder bestehende Verkaufsverhandlungen abgebrochen werden. Die GESIBA hatte ja bereits die Errichtung von Wohnhausanlagen geplant.
Kontinuierliche Nachnutzungsszenarien
Ab 2014 werden die einzelnen Stationen des Otto-Wagner-Spitals nach und nach abgesiedelt, 2020 soll der letzte Pavillon geräumt sein. Das Areal des derzeitigen Krankenhauses ist bereits jetzt in ein Wohngebiet umgewidmet. Es gab Pläne für 650 Luxuswohnungen. Doch zum Glück erregten diese die Wut zahlreicher Bürgerinnen und Bürger. Die Pläne der Expertinnen und Experten werten ein derartiges Szenario ebenfalls als völlig unzumutbar. Stattdessen wünschen sie sich "innovatorisches Wohnen".
Eine weitere medizinische Nutzung des Gebiets wäre wünschenswert, aber schwierig umzusetzen. Auch die wissenschaftliche Nutzung wäre denkbar, ebenso Sonderwohnformen wie Wohngemeinschaften für alte Menschen, betreutes Wohnen oder andere soziale Wohnformen. Wenn, dann dürfe nur geförderter Wohnbau stattfinden und zwar lediglich auf einer kleinen Fläche. Für alle bestehenden Gebäude und für die Zwischenräume gilt der Denkmalschutz.
Autofreie Stadt in der Stadt
Der derzeitige Flächenwidmungsplan würde die Errichtung privater Wohnhäuser am gesamten Areal erlauben und darüber hinaus die Errichtung neuer Kanalisationssysteme und KFZ-tauglicher Straßen. Das würde nicht nur die Zerstörung zahlreicher Grünflächen bedeuten, sondern auch die Vernichtung architektonischer Details, die noch aus der Zeit Otto Wagners stammen. Diesen Flächenwidmungsplan so rasch wie möglich zu überarbeiten, ist eines der Hauptanliegen des Expert/innengremiums.
Um dem zu entgehen, plädiert das Gremium für die Einrichtung einer autofreien Stadt in der Stadt. Lediglich einige Tiefgaragenplätze am Rand des Gebiets sollen als Stellflächen dienen, das gesamte Gebiet soll eine Fußgängerzone bleiben.
Diskursives Testplanungsverfahren im Ostteil
Vorgesehen ist die Erarbeitung von möglichen Bebauungen oder Umnutzungen im Ostteil des Areals. Etwa drei bis fünf Architekturbüros sollen an dieser Planungsphase beteiligt sein, aus der kein Sieger hervorgeht, sondern lediglich Ergebnisse. Auf Basis der erarbeiteten Vorschläge soll auch der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan überarbeitet werden.
Einzig diesem Punkt stehen die Vertreter der Bürgerinitiative noch skeptisch gegenüber – sie fordern die Gestaltung anstatt der Bebauung und eine Neunutzung anstelle Neubaus. Man werde aber weiterhin mitarbeiten und beobachten und lobte das gute Gesprächs- und Arbeitsklima bisher.
Nicht-Bebauung ist auch keine Lösung
Das bereits begonnene und sehr weit gediehene Projekt der VAMED stellt die größte bauliche Herausforderung bei der Neugestaltung dar. Ein Rehab-Zentrum mit öffentlich zugänglichem Wellnessbereich wurde dort errichtet. Das schwerfällige, plumpe sechsstöckige Gebäude entspricht allerdings weder dem räumlichen noch dem architektonischen Konzept der Anlage.
Rückgängig gemacht werden kann es nicht, Krischanitz spricht aber von Brückengebäuden und Verbindungsarchitektur, die einen möglichst sanften Übergang zwischen dem VAMED-Gebäude und den denkmalgeschützten Pavillons herstellen sollen. Auch andere Gebäude im Ist-Zustand können nicht so belassen werden, meint die Expertenrunde. Nicht alle Gebäude seien gleichermaßen schützenswert. Vorstellbar wäre etwa eine Verlagerung von Lagerräumen und Parkhäusern unter die Erde, um darüber Wohnflächen zu erhalten.
Politische Umsetzung gefragt
Freilich handelt es sich beim gesamten Plan lediglich um Empfehlungen, die der Stadtregierung Ende März vorgelegt wurden. Die Umsetzung der erarbeiteten Punkte ist wünschenswert, aber fraglich, so die Mitglieder des Gremiums.
Aus dem Büro der Wiener Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin, Maria Vassilakou, heißt es dazu: "Die Empfehlungen stellen in Summe einen guten Weg dar. Es gibt kein Ressort, das nicht direkt oder indirekt betroffen ist. Was passieren wird, ist deshalb eine gemeinsame Entscheidung der Stadtregierung."
Auch dem Testplanungsverfahren steht Vassilakou positiv gegenüber. Sie werde es "unmittelbar angehen", so die Aussendung, und dadurch "herausfinden, wo Bebauung möglich ist und wo Grünareal geschützt werden muss und die Widmung entsprechend zu adaptieren ist. Die beiden Grünstreifen, die von der Kommission als besonders schützenswert ausgewiesen wurden, werde sie "auf alle Fälle unter Schutz stellen."