130.000 Personen: Schlag gegen Steueroasen
"Es ist der größte Schlag gegen das große Schwarze Loch der Weltwirtschaft", zitiert die Süddeutsche Zeitung einen Experten. Ein internationales Journalisten-Netzwerk hat eine Festplatte mit Dokumenten über Milliardengeschäfte in Steueroasen zugespielt bekommen und ausgewertet. Auf der Festplatte sind Informationen von 130.000 Personen, vom russischen Oligarchen über spanische Kunstsammler bis zu griechischen Dorfbewohnern.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.4.2013
Nur 4 von 107 gemeldet
Die Daten verschaffen einen Einblick in das sogenannte "Offshore"-Geschäft in Steueroasen wie den Cayman-Inseln, den britischen Jungfern-Inseln oder den Seychellen, das Steuerfahnder und Regierungen schon seit Jahren beschäftigt. Sein Geld in einem Offshore-Gebiet zu veranlagen, ist noch nicht automatisch illegal - allerdings ist es dort verhältnismäßig einfach, Geld vor den Steuerbehörden zu verstecken und zweifelhafte Geschäfte zu verschleiern.
107 Offshore-Unternehmen von Griechen hat man allein auf den britischen Jungfern-Inseln aufgelistet. Die Besitzer kommen aus allen Schichten der Bevölkerung, aus Athens Nobelviertel, aber auch aus ganz armen entlegenen Dörfern im Norden des Landes. Von den 107 Unternehmen sind aber nur vier bei den Steuerbehörden gemeldet. Die griechische Regierung hat vor kurzem angekündigt, dass sie Ermittlungen aufnimmt. "Wir werten die Informationen aus und prüfen, ob illegale Aktivitäten dahinter stehen", sagt ein Sprecher des griechischen Finanzministeriums.
Prominentes Beispiel
Die Daten sind im Vorjahr dem Internationalen Konsortium für investigative Journalisten in Washington übergeben worden. Die Süddeutsche Zeitung ist eines von 46 Medien, das sich an der Auswertung der Daten beteiligt hat, neben der Washington Post oder der BBC. Zweieinhalb Millionen Dokumente waren auf der Festplatte, darunter Firmendatenbanken, Kopien von Ausweispapieren, Verträgen und hunderttausende E-Mails. Die Süddeutsche Zeitung nennt als prominentes Beispiel den Millionenerben und Künstler Gunter Sachs. Er soll seinen Privatsekretär 1993 unter anderem auf die Südseeinsel Raro-Tonga geschickt haben, um dort zwei Briefkastenfirma zu eröffnen, die wiederum fünf Trusts verwaltet haben, in denen Sachs Teile seines Vermögens gesteckt hat. In einer Anwaltskanzlei habe er dafür 2.700 Dollar gezahlt, sozusagen die Pauschale für die Anmeldung von Briefkastenfirmen. Bei seinem Tod 2011 hat Gunter Sachs laut Erbschaftsinventar ein Vermögen von 470 Millionen Schweizer Franken hinterlassen. Doch laut den neuen Dokumenten seien einige Firmen weder in den Steuererklärungen noch im Erbschaftsinventar angeführt. Seine Nachlassverwalter weisen den Vorwurf jedoch zurück.
"Gutbezahlte Industrie"
Das Journalistennetzwerk, das die Festplatte anonym zugespielt bekommen hat, spricht jedenfalls insgesamt von einem illegalen Netzwerk, hinter dem "eine gutbezahlte Industrie aus Strohmännern, Buchhaltern, Notaren und Banken" stehe. Die Daten hätten Einblick in einen Zweig der Finanzindustrie ermöglicht, der von totaler Diskretion lebt.
Auf der Liste der Klienten ist auch der russische Oligarch und Multimilliardär Michail Fridmann und die spanische Kunstsammlerin Carmen Cervera, die Witwe des Unternehmers Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza. Sie nutzt eine Firma auf den Cook-Inseln im Südpazifik, um über Auktionshäuser Kunstwerke zu kaufen. Ihr Anwalt bestätigt das auch, nur so gebe es beim globalen Kunsttransport maximale Flexibilität.
Hinweise auf Österreicher gibt es bisher nur einen: Denise Eisenberg Rich, die Songs für Stars wie Celine Dion oder Diana Ross geschrieben hat. Ihr Ehemann , ein Hedgefonds-Manager, wurde wegen Steuerhinterziehung angeklagt, von US-Präsident Bill Clinton aber begnadigt. Weil ihr Vater Österreicher ist, hatte Denise Rich die doppelte Staatsbürgerschaft - und 2011 hat sie die US-Staatsbürgerschaft zurückgelegt, aus steuerlichen Gründen, wie damals gemutmaßt wurde. Auf der Liste steht sie nun mit einem Trust und 144 Millionen Dollar auf den Cook-Inseln.