20 Jahre: Roma als Volksgruppe anerkannt

In Frankreich werden sie in großer Zahl ausgewiesen bzw. mit Geldzahlungen zur Ausreise bewegt, in Ungarn terrorisiert. In den letzten Jahren hat sich nichts an der problematischen Situation der Roma geändert. Viele haben keinen Zugang zu Bildung oder formalen Schulabschlüssen, viele sind arbeitslos und leben am Existenzminimum. In Österreich sind die Roma vor 20 Jahren als Volksgruppe anerkannt worden. Aber es gibt noch immer Verbesserungsbedarf.

Morgenjournal, 8.4.2013

Réka Tercza und Barbara Daser

Kampf um Anerkennung

Genaue Zahlen, wie viele Menschen sich in Österreich der Volksgruppe der Roma zugehörig fühlen, gibt es nicht. Schätzungen gehen von 30.000 bis 60.000 aus. Sie haben anerkannte Vereine, zum Teil auch eine höhere Ausbildung und viele auch einen geregelten Arbeitsplatz. Seit der gesetzlichen Anerkennung der Roma in Österreich als Volksgruppe hat sich die Situation deutlich gebessert, betont Rudolf Sarközi, Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma: "Wir sind angekommen, würde ich sagen."

Der Kampf um die Anerkennung war schwierig und mühsam. Doch schließlich wurde der Antrag im Parlament angenommen und staatliche Fördermittel zur Verfügung gestellt. Doch kurz nachdem die Roma den Status als Volksgruppe erhalten hatten, gerieten sie wieder in Vergessenheit. Erst das Attentat im burgenländischen Oberwart 1995 hat die Öffentlichkeit aufgerüttelt. Damals starben vier Roma. Ein eigener Volksgruppenbeirat wurde gebildet und die Chance auf bessere Bildung und einen sicheren Arbeitsplatz erhöht, betont Rudolf Sarközi.

Von Gesellschaft nicht anerkannt

Ein Defizit sieht der Obmann des Kulturvereins noch im Sozialbereich: "Diese Generation, die nachkriegsgeboren sind, die an der Ausbildung und Fortbildung nicht teilnehmen konnten, die sind heute durchwegs Sozialfälle." Das sei nicht das einzige Problem, meint Emmerich Gärtner-Horvath. Er ist Obmann des Vereins "Roma Service" und Mitglied im Volksgruppenbeirat. Für ihn steht fest: Es muss sich noch viel ändern. Zwar wurden die Roma von der Politik anerkannt - doch noch nicht von der Gesellschaft: "Allgemein zum Beispiel gibt es Konflikte, wo - siehe Facebook- Rassismus betrieben wird, wo auch Anzeigen momentan rennen. Da ist ein versteckter Rassismus dahinter. Wo aber 500 oder 1000 Personen darauf antworten."

Faul, ungebildet und verwahrlost- das sind Vorurteile mit denen die Roma nur allzu oft kämpfen müssen. Viele Roma haben daher ihren Namen geändert, beispielsweise von Horvath auf Müller - und das nur um der Diskriminierung zu entgehen. "Wenn man zum Beispiel bei einer Firma vorstellen geht und mit dem Namen Horvath nicht genommen wird und dann sich einen anderen Namen gibt, und die gleiche Person bei der Firma vorstellig wird und dann aufgenommen wird, ist das ein bisschen komisch", so Gärtner-Horvath.

Besser als anderswo

Trotz dieser Benachteiligungen zieht der Historiker und Roma-Experte Gerhard Baumgartner eine positive Bilanz: "Die Situation der Roma in Österreich ist wesentlich besser, als in den anderen mitteleuropäischen Staaten." Der Grund, so Baumgartner: Die Politik in Österreich habe die Chance wahrgenommen und den Weg zur sozialen Gleichberechtigung für die Roma geebnet.