Ende der Direktion Loyrette im Louvre
Im Pariser Louvre, dem größten Museum der Welt, geht eine Epoche zu Ende: Henri Loyrette, der Direktor der Institution, verlässt nach seiner vierten Amtsperiode das Haus, das er in den vergangenen zwölf Jahren gewaltig umgewälzt, ausgeweitet und verändert hat.
8. April 2017, 21:58
Kritik an ihm gab es genug - an seiner Expansionspolitik, an der Tendenz zur Kommerzialisierung, der Vermassung und der Explosion der Besucherzahlen. Alles in allem aber kann sich die Bilanz des 60-Jährigen mehr als sehen lassen.
Für seine Nachfolge hat man eine interne Lösung gefunden: Der bisherige Direktor der Abteilung des griechischen, etruskischen und römischen Altertums wurde von Staatspräsident Hollande zum neuen Chef des ehemaligen Königspalastes ernannt.
Henri Loyrette, der 2-Meter-Mann, ist die Eleganz in Person, der auch noch die Eleganz besaß, nach zwölf Jahren aus freien Stücken seinen Platz zu räumen. Er hat den seit den 1990er-Jahren renovierten und erweiterten Louvre nach Meinung aller dynamisch und lebendig gemacht, anderen Künsten wie dem Film, der Musik und dem Tanz Raum gegeben.
"Zum Beispiel Pierre Boulez, der vor 3000 Besuchern ein Konzert unter der Pyramide gegeben hat. Auch das ist eine Form der Demokratisierung der Kultur", so der scheidende Direktor, der auch die zeitgenössische Kunst offensiv in den Louvre geholt, mit Auftragsarbeiten unter anderem für Anselm Kiefer;Schriftstellern wie Le Clezio, Regisseuren wie Patrice Chereau oder dem Architekten Jean Nouvel Carte Blanche gegeben hat für temporären Ausstellungen oder von ihnen konzipierte Kulturprogramme.
Staatspräsident Hollande war letzte Woche persönlich erschienen, um in Anwesenheit von Hunderten Mitarbeitern unter der Pyramide des Louvre Henri Loyrette zu verabschieden. "Ihre Aufgabe war es, den Louvre zu öffnen, die Vielfalt der Kultur zu garantieren, Vorurteile und althergebrachte, konservative Einstellungen zu überwinden", sagt Loyrette. "Sie haben dieses umfassende Programm in den zwölf Jahren umgesetzt. Sie haben den Louvre nicht nur geleitet, sie haben ihn verwandelt. Ich habe dies selbst erleben dürfen, als wir hier letzten September die Abteilung für islamische Kunst eröffnet haben und wenig später den Louvre in Lens, im nordfranzösischen Kohlebecken, einer ihrer größten Erfolge."
Die Hälfte der Besucher ist unter 30
In den letzten zwölf Jahren hat sich die Besucherzahl des Louvre auf fast zehn Millionen jährlich verdoppelt - zwei Drittel davon sind Ausländer. Der Anteil öffentlicher Gelder am Gesamtbudget von jährlich 230 Millionen Euro beträgt heute nur noch 50 und nicht mehr 70 Prozent, wie zur Jahrtausendwende. Die Öffnung des Louvre an zwei Abenden pro Woche ist ein Riesenerfolg und ein Magnet besonders für das junge Publikum geworden - jeder 2. Besucher ist unter 30.
"Auf dieses Ergebnis bin ich vielleicht am stolzesten", sagt Henri Loyrette, der letztlich auch den viel kritisierten Louvre in Abou Dhabi durchgesetzt hat, der nach einem Baustopp jetzt 2016 fertig sein soll - für 400 Millionen Euro hat man die Marke Louvre für 30 Jahre an den Wüstenstaat verkauft.
Das Ende einer Ära
Vincent Huguet, Kulturjournalist der Wochenzeitung "Marianne", sieht mit Loyrettes Abgang eine Epoche zu Ende gehen: "Es hat zuletzt Meinungsverschiedenheit zwischen der Kulturministerin und Henri Loyrette gegeben. Die Kulturministerin hatte geäußert, der Louvre müsse wieder 'zu seinen Wurzeln zurückkehren'. Ich finde, Henri Loyrette hat die klassische Mission des Louvre großartig erfüllt, aber gleichzeitig das Museum auch für Anderes geöffnet - die Kolloquien im großen Auditorium etc. etc. Von einem großen Museum verlangen, zu den Wurzeln zurück zu kehren, ist ein reaktionärer Diskurs. Loyrette hat genau das Gegenteil unternommen: Er hat das Museum aufgemacht und ich hoffe, dass der Louvre weiter offen bleibt und weiter auch ein Ort des kulturellen Schaffens sein wird."
Henri Loyrette hinterlässt das Flaggschiff - trotz Krisenzeiten - in einem wirtschaftlich gesunden Zustand, einen Louvre, der allenfalls Gefahr läuft, durch noch höhere Besucherzahlen Opfer seines eigenen Erfolgs zu werden.