Medienzensur im Irak
Seit dem Abzug der US-Truppen vor mehr als einem Jahr eskaliert im Irak die Gewalt zwischen den verschiedenen Glaubensrichtungen. Der schiitische Ministerpräsident Nuri al Maliki greift nun zu autoritären Maßnahmen, er entzieht zehn arabischen Satellitensendern die Lizenz, darunter auch dem Nachrichtensender Al Jazeera.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.4.2013
"Sender schüren Gewalt"
In Bagdad protestieren wütende Sunniten gegen die Regierung - Al Jazeera berichtet. Wieder Demonstrationen gegen den schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al Maliki - Al Jazeera ist vor Ort. Opfer von Anschlägen werden zur Grabe getragen - Al Jazeera übertragt die Trauerfeierlichkeiten: Der in Katar ansässige Sender informiert über alle wichtigen Ereignisse im Irak, aber offenbar nicht auf die Art und Weise, wie es Regierungschef al Maliki gerne hätte. Er wirft den ausländischen Fernsehsendern generell vor, Gewalt und Sektierertum im Irak zu schüren. Daher verlieren insgesamt zehn arabische Fernsehsender ihre Lizenzen.
Zensur im Irak
Die staatliche Medienaufsicht argumentiert, die in den Beiträgen verwendete Sprache habe zu kriminellen Racheakten angeregt. Vor allem in Al Jazeera sieht die schiitische geführte Regierung offenbar eine große Gefahr für ihre Politik. Denn der Sender gilt als pro-sunnitisch.
Al Jazeera hat nicht direkt auf die Aberkennung der Sendelizenz reagiert, auf seiner Homepage aber ein Statement veröffentlicht: "Wir fordern die irakischen Behörden auf, die freie Berichterstattung für Medien aufrechtzuerhalten, um auch weiterhin über Vorgänge im Irak berichten zu können." Das heißt im Klartext: Schluss mit der Zensur im Irak.
Mit dem Rücken zur Wand
Aber offenbar steht die Regierung in Bagdad zehn Jahre nach dem Sturz von Saddam Hussein mit dem Rücken zur Wand. Die irakische Wirtschaft liegt danieder, die Sicherheitslage ist chaotisch, die Regierung schwach - ihr Vorgehen gegen internationale Medien könnte ein letzter Verzweiflungsakt sein.
Denn sogar der einflussreiche schiitische Prediger und Politiker Muktada al-Sadr hat sich mittlerweile von Al Maliki losgesagt und sich mit den sunnitischen Demonstranten solidarisiert. Und die Kurden, zumindest bis jetzt noch Koalitionspartner Al Malikis, werden zunehmend besorgt über die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten. Früher oder später werden auch sie die Regierung und al Maliki verlassen wollen .
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