Soziales Lernen durch virtuellen Unterricht

Kann Lernen in der Schule sozialer werden, wenn sich die Schülerinnen und Schüler für den Hauptteil des Lernprozesses aus der Klassengemeinschaft nach Hause zurückziehen? Was auf den ersten Blick paradox zu sein scheint, ist der Kern einer Empfehlung eines österreichischen Wirtschafts- und Unternehmensberaters, der sich auf virtuelle Lernmethoden spezialisiert hat.

Mittagsjournal, 6.5.2013

Vortrag auf Video zuhause anhören

Ghasemipour sieht die Zukunft der Schule nicht in bloßem, schon bisher angewandtem E-Learning, sondern will weitergehen, um den Schülerinnen und Schülern ein ganz auf jeden individuell abgestimmtes Lernen ohne Stress und Leidensdruck zu ermöglichen, sagt Ghasemipour: "Menschen, die zusammenarbeiten, sind heutzutage fast genötigt, die gleiche Lerngeschwindigkeit und die gleichen Tests zu haben, obwohl sie ganz andere Fähigkeiten haben. Daher kann man auf die individuelle Geschwindigkeit nicht eingehen, aber wenn ich die nicht takte, habe ich ein Problem in meiner Methode."

Ghasemipours Lösungsvorschlag ist ein frontaler Basisvortrag zur Wissensvermittlung auf Video, mit dem sich die Schüler zurückziehen und ihn so oft anhören wie sie wollen oder brauchen. Abstrakte Elemente wie sie beispielsweise in der Mathematik oft vorhanden sind, begreife man vielleicht nicht beim ersten oder zweiten Mal, so Ghasemipour. Wenn man aber zuhause wiederholen könne, ohne die anderen zu stören, dann würde das auch Erfolg bringen.

Sozialer Aspekt kehrt in Schule zurück

Tests und Prüfungen werden dann individuell gestaltet - sie müssen nicht für jeden zur gleichen Zeit stattfinden. Bei Versuchen in den USA hätte sich gezeigt, dass das die Schule sogar sozialer gemacht hat, sagt der Wirtschaftsberater: "Ich glaube, der Hauptfaktor, warum man das macht, warum die Menschen so begeistert sind, ist, dass der Faktor Mensch in den Vordergrund rückt. Die passive Tätigkeit des Zuhörens wandert nach Hause, in die Individualität, und in die Schule kehrt der soziale Aspekt zurück."

In der Schule würde dann nämlich mehr Konzentration auf Übungen und Tests liegen und das fächer- und rollenübergreifend. Stärkere Schüler würden automatisch zu Tutoren der Schwächeren - eine Art Resozialisierung der Schule, sagt Ramtin Ghasemipour.