China warnt vor "schädlichen" westlichen Werten

In China sorgt ein internes Papier der Kommunistischen Partei für Aufsehen. Die KP-Führung warnt ihre Kader darin wörtlich vor gefährlichen westlichen Werten, deren Verbreitung es zu verhindern gelte. Das Papier gelangte offenbar durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit. Kritiker sehen darin einen Beleg dafür, dass Chinas neue Führer an politischen Reformen entgegen anders lautender Beteuerungen nicht interessiert seien.

Mittagsjournal, 14.5.2013

Aus China berichtet ORF-Korrespondent

Tabubegriffe Pressefreiheit und Bürgerrechte

Es ist derzeit das große Thema in den Internetforen Chinas. Ein Papier, angeblich ausgearbeitet im innersten Machtzirkel rund um KP-Chef Xi Jinping und als Weisung verschickt an Komitees der Partei im ganzen Land. Darin angeführt sind sieben ideologische Bedrohungen, die es zu unterbinden gelte und über die nicht gesprochen werden soll.

Die chinesische Bevölkerung werde demnach bedroht von Pressefreiheit, Bürgerrechten oder gar juristischer Unabhängigkeit. Alle diese Begriffe sind tabu. Auch soll über historische Fehler der Kommunistischen Partei nicht gesprochen werden. Diese Weisung erging offenbar auch an die Medien und Universitäten. Rufe nach ideologischer Orthodoxie sind in China an sich nichts Neues. Doch erwarten viele gerade vom neuen Präsidenten und KP-Chef Xi Jinping tiefgreifende Reformen. Nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische.

Machterhalt oberstes Ziel

Die Forderung nach ideologischer Konformität, der Hinweis auf angeblich schädliche Strömungen aus dem Ausland - das alles zeige, dass Xi Jinping und die Gruppe der Mächtigen Erwartungen in der Öffentlichkeit nach politischer Liberalisierung dämpfen wollen, erzählt Zhang Lifang, Historiker und ein bekannter Kritiker der Partei im Ö1-Telefoninterview: "Manche hochrangige Parteimitglieder sind zwar unzufrieden mit der herrschenden konservativen Ideologie und es gibt auch heftige Diskussionen darüber, aber letztlich haben alle Führer ein gemeinsames Ziel: Die Macht der Kommunistischen Partei muss unter allen Umständen erhalten werden. Doch welchen Weg man gehen soll, darüber herrscht Uneinigkeit."

Will Xi Jinping mit der neuen ideologischen Offensive konservativen, sprich linken Kreisen in der Partei einen Gefallen tun, um ihre Unterstützung zu sichern? Oder ist er selbst zumindest in politischen Fragen ein Hardliner? Das traut sich derzeit niemand so recht zu beantworten.