Kerry – neue Nahost-Initiative

US-Außenminister John Kerry reist heute erneut nach Israel, er versucht, Israelis und Palästinenser dazu zu bringen, wieder miteinander zu verhandeln. In Jerusalem trifft er den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu zusammen. Für morgen ist eine Unterredung mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah geplant. Aus Israel Ben Segenreich:

Morgenjournal, 23.5.2013

Vierter Besuch

Wenn man jetzt über Probleme und Gefahren im Nahen Osten spricht, dann denkt man vor Allem an Syrien, aber John Kerry hat trotzdem noch den Ehrgeiz und die Zeit, an einer Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu arbeiten. Schon zum vierten Mal seit seinem Amtsantritt im Februar ist der US-Außenminister heute in Jerusalem, er verfolgt still einen Plan, von dem nach außen hin nicht bekannt ist, wie er aussieht, ob damit schon etwas weitergegangen ist und welchen Zieltermin man sich vorgegeben hat: Wir arbeiten uns durch einen Berg von Fragen, sagte Kerry im Vorfeld des Besuchs, wir tun das mit einer Zielgerichtetheit, wie es sie schon lange nicht mehr gegeben hat, und wir glauben alle, dass uns nur eine kurze Zeitspanne zur Verfügung steht.

Alle loben Kerry zwar für seine Anstrengungen, im Grunde scheint aber weder auf der israelischen noch auf der palästinensischen Seite jemand an den Erfolg zu glauben. Eine Ausnahme ist vielleicht die israelische Justizministerin Zipi Livni: Das Prinzip, dass Verhandlungen aufgenommen werden müssen zur Beendigung des Konflikts auf der Basis von zwei Nationalstaaten, das ist die Politik, die wir jetzt vorantreiben. Der Stillstand hat die Lage Israels verschlechtert – wenn noch mehr Zeit vergeht ohne israelische Initiative, dann wird es Israel sein, das den Preis dafür bezahlen wird.

Livni ist zwar formal für die Verhandlungen mit den Palästinensern zuständig, aber die Entscheidungen trifft sie natürlich nicht, denn in der Regierungskoalition hat ihre kleine Partei nur wenig Gewicht.

Erreicht hat Kerry wenigstens, dass beide Seiten seine Arbeit durch eine Art vornehme Zurückhaltung unterstützen. Die Palästinenser unterlassen vorläufig einseitige Schritte zu ihrer Anerkennung oder gegen Israel in internationalen Gremien. Die Israelis scheinen den Siedlungsausbau diskret gebremst zu haben, auch wenn vereinzelte Projekte weiterentwickelt wurden. Aber seit mehr als vier Jahren gibt es das Startproblem, dem jetzt auch Kerry gegenübersteht: die Israelis wollen ohne Vorbedingung verhandeln, die Palästinenser wollen erst verhandeln, wenn Israel zuvor den Siedlungsausbau offiziell stoppt. Wenn Kerry diese Blockade löst, dann wäre das ein diplomatisches Kabinettstück.

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