Experte: Hausärzte sollen Fachärzte werden

Mehr Augenmerk auf die Ausbildung der Allgemeinmediziner und auch mehr Geld dafür - diese Forderung der Ärztekammer unterstützt auch der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. Er geht noch weiter und fordert die Einführung eines Facharztes für Allgemeinmedizin, wie er in ganz Europa und weltweit üblich ist. Das wäre auch ein Mittel gegen den Ärztemangel im ländlichen Raum.

Mittagsjournal, 23.5.2013

Lehrpraxis zu kurz

Im Konzept des Gesundheitsministers für eine Reform der Ärzteausbildung ist wie bisher eine nur sechsmonatige Ausbildung angehender Allgemeinmediziner in einer Lehrpraxis vorgesehen. Aus Sicht der Ärztekammer ist das viel zu wenig, ein Jahr sei das Minimum - wo doch etwa in Deutschland sogar zwei Jahre vorgesehen seien. Der Gesundheitsexperte Ernest Pichlbauer unterstützt diese Forderung und verweist auf unterschiedliche Anforderungen an angehende Hausärzte je nach Saison: "Ist er im Sommer dort, weiß er nicht, was im Winter los ist, und umgekehrt. Und parallel dazu werden die Betreuungsprogramme für chronisch Erkrankte immer stärker. Und wenn die Ausbildung nur sechs Monate dauert, dann hat der Hausarzt kaum die Chance, diese Programme nachzuverfolgen, weil die Zeit zu kurz ist."

Hausarzt mit Facharzt gleichstellen

Und Pichlbauer vermisst auch eine Aufwertung des Allgemeinmediziners zum Facharzt, wie das praktisch überall außer in Österreich schon der Fall sei: "Damit endlich diese Auseinanderdividiererei zwischen Facharzt und Hausarzt aufhört und damit sich die auf Augenhöhe begegnen können." Es zeige sich international, dass ein Hausärztemodell nur dann gut funktioniert, wenn die Hausärzte gleich anerkannt sind wie die Fachärzte. "Gut funktionieren", das heißt, dass auch alle praktischen Ärzte auf dem Land nachbesetzt werden können. In Österreich ist das Gegenteil der Fall, immer öfter bleiben Hausarztstellen vakant.

Auf Augenhöhe heißt für den Gesundheitsökonomen aber auch gleiche Verdienstmöglichkeiten für Fachärzte und Hausärzte. "Dann hätten wir kein Problem, Hausarztstellen zu besetzen, so Ernest Pichlbauer. Er sehe aber weder in der jetzigen Reform der Ausbildung noch in der Gesundheitsreform ernsthafte Schritte, das umzusetzen.

Ausbilden statt Ausnützen

Pichlbauer bezweifelt auch, dass die geplante Ausbildungsreform den Missbrauch von angehenden Ärzten als Systemerhalter abstellen wird. Vielmehr gebe es Hinweise, dass dieses Schicksal künftig schon Studenten im klinisch-praktischen Jahr treffen könnte: "Wie das jetzt höre, denken die Häuser schon darüber nach, welche Aufgaben die Studenten im klinisch-praktischen Jahr übernehmen könnten, die früher von Turnusärzten gemacht wurden. Es geht einfach nicht darum, die Leute auszubilden, sondern auszunützen", so der Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. Das von ihm angesprochene neugestaltete klinisch-praktische Jahr ist ab Sommer 2014 an den Medizin-Universitäten Wien, Graz und Innsbruck am Ende des Studiums verpflichtend.