IWF-Chefin Lagarde ist "verdächtige Zeugin"
Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds, wird vom französischen "Gerichtshof der Republik" als "verdächtige Zeugin" eingestuft. Die ehemalige französische Finanzministerin steht im Verdacht der Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Mittel wegen der von ihr gut geheißenen und ermöglichten Entschädigungszahlung von 400 Millionen Euro aus der Staatskasse an den schillernden Geschäftsmann und Ex-Politiker, Bernard Tapie.
8. April 2017, 21:58

(c) Valat, EPA
Morgenjournal, 25.5.2013
Keine Einleitung eines Anklageverfahrens
Der Status einer Zeugin, gegen die in einem Vermittlungsverfahren weiter Verdacht besteht, bedeutet, dass zwar Indizien für die Beteiligung an einer Straftat bestehen, diese aber – zumindest beim derzeitigen Stand der Ermittlungen – nicht für die Einleitung eines Anklageverfahrens ausreichen. Angesichts des Verhörmarathons haben es sich die Richter ganz offensichtlich nicht leicht gemacht. Am Ende konnte die sehr ruhig wirkende IWF-Chefin jedoch der versammelten Presse verkünden: "Meine Erklärungen haben Antworten geliefert auf die Zweifel die aufgekommen waren angesichts der Entscheidungen, die ich damals getroffen hatte. Mein Status der 'verdächtigen Zeugin' ist für mich keine Überraschung, denn ich habe stets im Interesse des Staates gehandelt und entsprechend der Gesetze. Es ist für mich nun an der Zeit nach Washington zurück zu kehren, um meine Aufgaben weiter wahr zu nehmen und meinem Aufsichtsrat Rechenschaft abzulegen."
Unbeantwortete Fragen
Die leitenden Instanzen des IWF hatten Christine Lagarde vorgestern ohnehin bereits ihr Vertrauen ausgesprochen und die gestrige Entscheidung des französischen Gerichtshofs Republik erspart ihnen für den Augenblick auch, sich nach der Affäre Strauss-Kahn erneut fragen zu müssen, ob die Personen an der Spitze ihrer Institution weiter tragbar sind. Frankreich Präsident Francois Hollande, der zuletzt hörbar um das Image seines Landes gefürchtet hatte, kann vorübergehend aufatmen. Aber die Frage, warum die höchsten Stellen des Staates, sich unmittelbar nach der Wahl von Präsident Sarkozy 2007 plötzlich für ein privates und extrem kostspieliges Schiedsgerichtsverfahren entschieden hatten – um den seit 15 Jahren anhängenden Rechtsstreit mit dem Geschäftsmann Bernard Tapie ein für alle Mal zu regeln, bleibt nach wie vor unbeantwortet. Zumal auf dem normalen Rechtsweg, das französische Kassationsgericht im Jahr davor Tapie zugestanden hatte, dass er beim Verkauf von Adidas 1993 von der damaligen Staatsbank Credit Lyonnais geprellt worden war und die Entschädigung auf 135 Millionen Euro ansetzt hatte.