Sozialversicherungssystem für Künstler
Künstler erwirtschaften ihr Einkommen meist in ganz verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen. Werden sie arbeitslos, drohen sie zwischen den unterschiedlichen Sozialversicherungssystemen aufgerieben zu werden.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 27.05.2013
Die Zahlen sprechen für sich : 2008 kam die Studie "Zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler in Österreich" des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur zu folgenden Ergebnissen: Das Durchschnittseinkommen der Kunstschaffenden beträgt 1.000 Euro netto im Monat, Frauen verdienen um ein Viertel weniger und ein Drittel der Künstlerinnen und Künstler ist armutsgefährdet.
Die meisten Kunstschaffenden befinden sich in sogenannten "Patchwork"-Erwerbssituationen. Das heißt, sie sind kurzzeitig angestellt, dann arbeiten sie wieder selbstständig. Wird man arbeitslos bzw. hat man keine Aufträge, fällt man in ein soziales Loch, sagt Sabine Kock vom Kulturrat Österreich und Geschäftsführerin der Interessensgemeinschaft Freie Theater.
Das "Künstlersozialversicherungsstrukturgesetz"
Als Folge der Studienergebnisse aus dem Jahr 2008 trat am 1.1. 2011 das "Künstlersozialversicherungsstrukturgesetz" in Kraft. Das brachte im Grunde zwei Änderungen für die Kunstschaffenden mit sich: Erstens: sie können ihre künstlerische Tätigkeit ruhend stellen und zweitens: es wurde eine Servicestelle für Künstlerinnen und Künstler in der SVA, also in der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, eingerichtet.
Die Ideen waren gut, ist man sich einig. Die Probleme liegen im Detail. Viele Kunstschaffende klagen darüber, dass sie bei der SVA de facto keine Ansprechpartner für ihre Probleme finden. Und die sogenannte "Ruhendstellung" gehe zwar in die richtige Richtung, bringe aber wiederum Komplikationen mit sich.
Eine Tätigkeit "ruhend stellen" heißt, diese Arbeit für einen bestimmten Zeitraum aufzugeben. Das gab es bis dahin nur für Gewerbetreibende. Hat man also die selbstständige künstlerische Tätigkeit ruhend gestellt und hat man aus unselbstständigen Erwerbssituationen noch Anspruch auf Arbeitslosengeld, kann man mit diesem Anspruch zum Arbeitsmarktservice gehen.
Nur: aus dieser Schnittstelle zwischen den Systemen wird wieder eine Unvereinbarkeit, erklärt Sabine Kock. Beim Arbeitsmarktservice ist man sich dieser Probleme bewusst, sagt Petra Draxl, Chefin des AMS in Wien. Man sei aber prinzipiell auf einem guten Weg.
Was allen Beteiligten an der Diskussion klar ist: Immer mehr Menschen, nicht nur Kunstschaffende, arbeiten in Beschäftigungsverhältnissen, die sie ins Prekariat zwingen. Um ihre soziale Absicherung wird die Politik sich also umfassend kümmern müssen.