Korruption lässt Kosten für Sotschi explodieren

In gut acht Monaten beginnen in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi die Olympischen Winterspiele 2014. Das Großereignis gilt als persönliches Prestigeprojekt von Präsident und Sportliebhaber Wladimir Putin. Doch die Kritik reißt nicht ab, besonders der Vorwurf der Korruption wird immer lauter. Laut einem Bericht von Oppositionellen hat die Korruption die Kosten der Olympischen Spiele vervierfacht.

Mittagsjournal, 31.5.2013

Aus Russland berichtet ORF-Korrespondentin

Bis zur Hälfte der Kosten "in dunklen Kanälen verschwunden"

Eigentlich hätte gestern ein feierlicher Tag im russischen Vorbereitungsmarathon für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sein sollen. Im Rahmen einer Konferenz des Internationalen Olympischen Komitees in Sankt Petersburg wurden die Medaillen für die Spiele enthüllt, pompös inszeniert. Auch die Olympische Fackel wurde im Blitzlichtgewitter der Kameras bewundert. Präsident Wladmir Putin ließ es sich nicht nehmen, zu witzeln, dass alles, was in Russland produziert werde, aussehe "wie eine Kalaschnikow".

Unterdessen werfen neue Korruptionsvorwürfe einen Schatten auf die gute Stimmung. Oppositionspolitiker veröffentlichten einen Bericht, wonach bis zu 25 Milliarden Dollar der insgesamt veranschlagten Kosten von 50 Milliarden in dunklen Kanälen verschwunden seien.

Teuerste Winterspiele überhaupt

Sechs Monate lang haben der liberale Oppositionspolitiker Boris Nemzow und der Regierungskritiker Leonid Martinjuk nach eigenen Angaben alle verfügbaren Daten zu den Kosten überprüft: "Die Ausgaben für die Winterspiele in Sotschi sind höher als jene für alle Sportstätten sämtlicher bisherigen Winterspiele zusammen", kritisiert der Oppositionelle Boris Nemzow.

Die teuersten Bauprojekte seien ohne öffentliche Ausschreibung vergeben worden, so Nemzow. Schon heute gelten die Winterspiele in Sotschi als die teuersten überhaupt.

Kosten vervierfacht

Ihre zunächst veranschlagten Kosten von rund zwölf Milliarden Dollar haben sich vervierfacht. Nicht nur weil im subtropischen Sotschi praktisch alle Sport- und Infrastrukturprojekte aus dem Boden gestampft werden müssen, sondern auch wegen der gerade im Baubereich herrschenden Korruption in Russland.

Da resigniert sogar Jean-Claude Killy vom Internationalen Olympischen Komitee: "Ich habe schon viele Olympische Spiele gesehen und kann mich nicht erinnern, dass es einmal ohne Korruption abgelaufen wäre. Auch in Russland ist Korruption möglich, es gab sie auch schon vorher."

Auch Putin will auf Kostenbremse steigen

Selbst Präsident Putin erklärte mehrfach, die explodierenden Baukosten in Sotschi müssten gebremst werden. Dabei sind es vor allem Staatskonzerne, etwa der Rohstoffriese Gazprom, oder kremlnahe Oligarchen wie Oleg Deripaska, die die Bauprojekte finanzieren. Es gilt als Goldene Regel in Russland, dass Oligarchen auf Geheiß des Kremls gemeinnützige Projekte finanzieren müssen, quasi als Beitrag für die Gesellschaft.

Einen Milliardär hat das Investment in Sotschi schon den Kopf gekostet: Der Vizepräsident des russischen Olympischen Komitees, Achmed Bilalow, wurde von Putin vor wenigen Monaten öffentlich gescholten, weil sein Projekt, die Olympische Sprungschanze, achtmal teurer war als geplant. Bilalow musste sämtliche Posten räumen. Man darf gespannt sein, ob dies nur ein medienwirksamer Coup von Präsident Putin war oder ob tatsächlich irgendwann Licht in den Korruptionssumpf rund um Sotschi dringen wird.