US-Geheimdienst sammelt mehr Daten als bekannt war
Der amerikanische Geheimdienst NSA sammelt Millionen von Telefonverbindungsdaten ohne Wissen der Betroffenen, das hat die britische Zeitung "Guardian" aufgedeckt. Mehr noch: NSA und FBI haben Zugang zu den Servern der großen Internet-Firmen, das heißt: Mit Hilfe von Microsoft, Google, Yahoo, Facebook und Apple werden im Namen von Sicherheit und Terrorabwehr die Bürgerrechte der Amerikanerinnen und Amerikaner mit Füssen getreten.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 7.6.2013
Direkter Zugang zu Servern
Das Programm heißt Prisma, existiert schon seit sechs Jahren, ist noch unter Präsident Bush eingesetzt und unter Präsident Obama stillschweigend und unter größter Geheimhaltung immer wieder verlängert worden. Der Geheimdienst NSA hat laut einem geheimen Dokument, das dem Guardian vorliegt, direkten Zugang zu den Servern aller großen und auch kleineren Internet-Firmen. Microsoft, Google, Yahoo, Facebook, PalTalk, You Tube, Skype, AOL und Apple machen demnach derzeit mit. Denn das Gesetz verpflichtet sie dazu. Möglicherweise haben die Firmen auch freiwillig mitgemacht, so genau lässt sich das nicht feststellen.
Ohne Verdacht wird ausspioniert
Die NSA hat mit dem Prisma-Programm ungeheuer weitreichende Möglichkeiten. Ohne Wissen der Betroffenen, vor allem aber ohne Gerichtsbeschluss, werden systematisch die privatesten Daten ausspioniert. E-mails, Internet-Telefonate, Internet-Chats, Photos, Videos, gespeicherte Daten und Schriftstücke, einfach alles darf und wird von der NSA angeschaut und durchgeschnüffelt - und zwar mit Hilfe der Bundespolizei FBI. Dessen Rolle ist noch nicht endgültig klar. Das heißt: der Geheimdienst braucht nicht einmal mehr einen Verdacht gegen eine Person, um gegen sie zu ermitteln und sie auszuspionieren. Das kennt man üblicherweise aus Diktaturen, nicht aus Staaten, die sich gerne als Wiege der Demokratie und der Freiheit feiern lassen.
Regierung Obama bestätigt
Aber es sind ja gar keine Amerikaner betroffen, nur Ausländer dürfen ausspioniert werden, sagen die Verantwortlichen gerne an dieser Stelle. Tatsächlich ermächtigt das Gesetz dazu, alle Ausländer und ausländischen Firmen ins Visier zu nehmen, aber auch alle Amerikaner, die Kommunikation mit ausländischen Firmen oder Ausländern haben. Die Regierung Obama hat die Existenz des Prisma-Programms übrigens bereits bestätigt. Kein Wunder, wurde doch alleine im vergangenen Jahr bei den täglichen Sicherheits-Briefings des Präsidenten 1.477 Mal aus den Erkenntnissen dieses Programms zitiert. Einige wenige Senatoren wussten übrigens von dem Programm, waren aber zur Geheimhaltung verpflichtet.
Internet-Firmen dementieren oder schweigen
Jetzt ist die Zeit des Dementierens in den USA gekommen. Die Internet-Firmen wollen von dem Programm oder einer systematischen Zusammenarbeit mit der NSA nichts wissen oder sie schweigen. Und NSA-Direktor James Clapper hat versichert, dass viele der Informationen des Guardian falsch seien und alles nur der amerikanischen Sicherheit dient. Clapper hat aber in diesem Zusammenhang im März bei einem Senatshearing gelogen. Auf die Frage, ob die NSA Millionen von Daten amerikanischer Bürgerinnen und Bürger sammelt, sagt er zunächst "nein" - und windet sich auf Nachfrage dann heraus: "nicht bewusst".
Im Übrigen, meint er jetzt, sei es verwerflich, dass das Prisma-Programm und die Datensammlung der Telefonverbindungen öffentlich wurden.