NSA-Insider hofft auf Asyl

Der US-Geheimdienst NSA sammelt so gut wie alle Daten, die Computer- und Internet-Firmen zu bieten haben. Aufgedeckt hat die Affäre ein 29-jähriger Techniker, der für die NSA gearbeitet hat. Dass er seine Identität geheim halten kann, damit rechnet er nicht. Deshalb suchte er selbst den Weg an die Öffentlichkeit und gab dem britischen "Guardian" ein Interview. Vor drei Wochen floh er nach Hongkong und hofft nun auf politisches Asyl.

Mittagsjournal, 10.6.2013

Ein "einfacher Typ"

Der Überwachungsskandal rund um den US-Geheimdienst NSA hat jetzt ein Gesicht: Es ist jung, trägt eine Brille und einen drei-Tagesbart und gehört Edward Snowden. Vier Jahre lang war er in der Nationalen Sicherheitsbehörde der USA als Techniker tätig, sagt er in seinem ersten Interview: "Ich, an meinem Arbeitsplatz, konnte jeden bespitzeln. Dich und deine elektronischen Postfächer, oder die eines Bundesrichters und sogar die des Präsidenten, wenn ich seine private E-Mail-Adresse gehabt hätte."

Bevor Snowden beim Geheimdienst NSA begann, versuchte er Spezialkräften der US-Armee beizutreten und entwickelte ein Händchen für digitale Sicherheitssysteme: "Ich bin nur ein einfacher Typ, der jeden Tag in seinem Büro sitzt und sieht, was passiert und sich denkt: Das ist etwas, was wir hier nicht entschieden können. Das muss die Öffentlichkeit entscheiden."

Lebenslange Angst

Der 29-Jährige hat mit der Weitergabe geheimer Gerichtbeschlüsse an den britischen Guardian größten Überwachungsskandals in der Amtszeit von US- Präsident Barack Obama ausgelöst: Nach den von ihm enthüllten Dokumenten sammelt der US-Geheimdienst NSA in großem Stil Daten bei Internet-Diensten wie Google, Facebook, Microsoft, Apple und Yahoo. "Die NSA zielt auf die Kommunikation von jedem ab. Es sammelt Informationen, filtert sie, analysiert und bewertet sie UND speichert die Daten für einen gewissen Zeitraum. Einfach deshalb, weil es die leichteste Art ist an Informationen zu gelangen."

Snowden, einige Jahre war er selbst ein kleines Rad im mächtigen Geheimdienst NSA, jetzt ist er sein Gegenspieler: "Die nächste CIA-Station ist gleich hier die Straße rauf, auch das Konsulat ist gleich in der Nähe. Ich denke, sie werden in den nächsten Wochen einiges zu tun haben. Diese Angst wird ich bis ans Ende meines Lebens begleiten, wie lang das auch sein wird." Er gehe davon aus, dass er nie wieder mit seiner Familie oder seinen Freunden Kontakt aufnehmen könne, sagt Edward Snowden. Er hofft jetzt auf politisches Asyl - in einem Land, das für Meinungsfreiheit eintritt.

Hoffen auf - Peking?

Im Moment liegt sein weiteres Schicksal in der Hand der chinesischen Regierung: Honkong, wo sich Snowden seit drei Wochen in einem Hotel aufhält, ist zwar eine chinesische Sonderverwaltung, das Sagen hat dennoch die Regierung in Peking. Trotz der Unsicherheit darüber, wie es mit ihm weitergehen wird, ist der 29-Jährige froh, die NSA-Dokumente veröffentlicht zu haben. Sorgen macht er sich vor allem über eines: "Die größte Angst, die ich habe, ist, dass sich nach all diesen Enthüllungen nichts ändert in den USA."

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