Xavier Dolan über die Unmöglichkeit der Liebe
Als der kanadische Regisseur Xavier Dolan seinen Debütfilm "I killed my mother" 2009 in Cannes präsentierte, war er gerade einmal zwanzig Jahre alt. Seit damals wird Dolan als neues Wunderkind des Kinos gefeiert. Jetzt kommt sein mittlerweile dritter Film in die heimischen Kinos: Mit "Laurence anyways" beendet Dolan seine Trilogie über die Unmöglichkeit der Liebe.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 20.6.2013
Bei seinem Erstling "I killed my mother" hat Xavier Dolan die erwachende Liebe eines Siebzehnjährigen gezeigt, im zweiten Film "Herzensbrecher" ging es um die tragische Dreiecksbeziehung dreier Twens und in "Laurence Anyways" steht jetzt die Liebe eines Paars Mitte Dreißig auf dem Prüfstand. Und geprüft wird die Beziehung nachhaltig, denn Laurence eröffnet seiner Partnerin eines Tages, dass er sich eigentlich schon immer als Frau gefühlt hat.
Regisseur Xavier Dolan: "Nach dem ersten jugendlichen Verliebtsein kommt der Moment der Ernüchterung, wo man sich mit dem Partner und seinen Eigenheiten konfrontiert sieht und sich fragt, ob man das Leben mit dieser Person auch wirklich durchhält. Wenn Laurence sich als Frau zu erkennen gibt, dann ist das eine Metapher für diese Situation, in der man sagt, so bin ich, das sind meine Fehler und Schwächen, kannst du damit leben?"
In knapp drei Kinostunden erzählt Dolan die Geschichte dieser Liebe. Inklusive Jahren der Trennung und dem verzweifelten Versuch eines Neuanfangs.
Der Film setzt an im Jahr 1989 und beobachtet dabei auch den Transsexuellen Laurence und seinen Kampf um Akzeptanz über zehn Jahre hinweg. Xavier Dolan: "Der Film spielt in den 80er- und 90er-Jahren, auch weil ich wissen wollte, welche Fortschritte die Gesellschaft seit damals gemacht hat. Die Entwicklungen in der Technologie sind offensichtlich, doch ich frage mich, ob sich auch etwas im grundsätzlichen menschlichen Miteinander getan hat."
Statt seine Geschichte brav herunter zu erzählen, springt Xavier Dolan durch die Jahre und zwischen den verschiedenen Schauplätzen hin und her, landet dabei aber immer wieder punktgenau im nächsten hochintensiven Moment. Da setzt er dann Zeitlupen ein, rückt ganz nah an die Gesichter seiner Darsteller heran, oder lässt einfach die Musik weitererzählen.
Die Musik sei einer der Stars in "Laurence Anyways", hat Xavier Dolan gemeint und so setzt er im Film nicht weniger als 24 Songs ein. Sie geben den Figuren nicht nur Halt und Identität, sondern helfen ihnen auch, schon vergessen geglaubte Erinnerungen auszugraben. Und auch den Zuschauer katapultiert es mit jeder Nummer tief hinein in die 80er- und 90er-Jahre.
Xavier Dolan geht wieder mit der Unverfrorenheit des Autodidakten ans Werk. Das macht "Laurence anyways" wild und sympathisch. Und, dass Dolan es darüber hinaus beherrscht, aus dem Bauch heraus zu erzählen, gibt dem Film eine Aufrichtigkeit, wie sie heutzutage selten geworden ist im Kino.