Verbesserungen bei Gerichtsgutachten

Die Gerichtsgutachter im psychologischen und psychiatrischen Bereich in Österreich geraten immer mehr in die Kritik. Denn klare, fachliche Vorgaben für Gutachten scheinen in Österreich zu fehlen. Sowohl die Justiz als auch die Psychologen und Psychiater sind sich der Probleme bewusst und es sind einige Verbesserungen in Arbeit.

Mittagsjournal, 21.6.2013

Oberbegutachtungsstelle mit zwei Sachverständigen

Die Qualität der psychologischen Gutachten zu verbessern - das ist ein Ziel des Pychologenverbandes, der ab Herbst eine Oberbegutachtungsstelle einrichtet. Dorthin können sich dann Gerichte wenden, die Zweifel an Gutachten haben, aber auch Betroffene, etwa Mütter, Väter oder auch Jugendämter, die mit Gutachten in Obsorgefällen nicht einverstanden sind.

Zwei erfahrene Sacheverständige werden ausgewählt, sagt die Sprecherin der Familienpsychologen Rotraut Erhard. "Diese müssen sich über die Qualität des Gutachtens einigen. Wenn sie das nicht tun, wird eine dritte Person herangezogen." Bezahlen müssten die Obergutachten diejenigen, die sich an die Stelle gewandt haben. Die Kosten betragen laut Erhard mindestens 2.000 Euro.

Erhard erwartet, dass es Gutachten geben wird, die entsprechend der wissenschaftlichen und ethnischen Standards erstellt worden sind. "Es wird leider auch Gutchten geben, die gravierende Mängel aufweisen", so die Sprecherin der Familienpsychologen.

Kriterienkatalog ein "Diskussionspunkt"

Aber auch Justiz und Politik haben das Problem längst erkannt. Ein Unterausschuss des Parlaments hat für die nächste Legislaturperiode eine intensive Diskussion und Gesetzesänderungen gefordert, sagt Justizsektionschef Christian Pilnacek. Das Ziel: Mehr Möglichkeiten, um Staatsanwaltschaft und Gericht überhaupt in die Lage zu versetzen, die Schlüssigkeit eines Gutachtens zu überprüfen.

In Deutschland gebe es einen Katalog von Kriterien, so Pilnacek. Das wäre auch in Österreich ein Diskussionspunkt, den man mit allen betroffenen Fachkreisen führen muss. "Es kann nicht die Justiz alleine lösen."

Verhandlungen für höhere Tarife

Die Ärzte und Psychiater wiederum versuchen derzeit, durch neue Diplome und Kurse die Ausbildung zur Beurteilung psychisch kranker Straftäter zu verbessern. Sie kritisieren aber auch ihre teils geringe Bezahlung. Während Wirtschaftsgutachter zehntausende und psychologische Gutachter tausende Euro pro Gerichts-Gutachten bekommen, erhalten Mediziner oft nur 150 oder maximal 400 Euro.

Sektiosnchef Pilnacek bestätigt, dass es mit der Ärztekammer Verhandlungen gibt, die Tarife anzuheben. Für den Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk muss die Qualität eines Gutachtens unabhängig von der Bezahlung stimmen. Aber: Wenn es eine notorische Unterbezahlung gebe, könne man nicht erwarten, dass die Gutachten insgesamt ein höheres Niveau haben.