Obsorge: Anklage gegen Gutachter
Die Staatsanwaltschaft Linz erhebt Anklage gegen einen Gerichtsgutachter. Das ist in Österreich bisher kaum vorgekommen. Dem in Salzburg und Oberösterreich vielbeschäftigten Gerichtssachverständigen wird vorgeworfen, mehrere falsche Gutachten erstellt zu haben - hauptsächlich in der Frage, wer die Obsorge für Kinder bekommen soll.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 20.06.2013
13 falsche Gutachten
13 falsche Gutachten soll der einst vielbeschäftigte psychologische Gutachter Egon Bachler erstellt haben - es ging um Sachwalterschaftsfragen, Obsorgestreitigkeiten und die Frage, wie oft Väter ihre Kinder sehen dürfen. Einige der Vorwürfe im dem Magazin News von Betroffenen zugespielten Strafantrag, der auch Ö1 vorliegt: Einseitige, fachlich nicht begründbare Darstellung von Befunden; Nennung von psychologischen Tests für Kinder, wo gar keine Kinder zu begutachten waren; Auflistung von diagnostischen Verfahren, bloß um den falschen Anschein einer vielfältigen Datenerhebung zu vermitteln; und eine nicht nachvollziehbare psychologische Diagnose für ein Kind.
Obergutachten aus Deutschland eingeholt
Philip Christl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz sagt: "Ich kann bestätigen, dass die Staatsanwaltschaft gegen einen Salzburger Sachverständigen Strafantrag eingebracht hat. Es geht um den Verdacht der falschen Beweisaussage, konkret falscher Gutachtenserstattung." Basis für den Strafantrag war ein sogenanntes Obergutachten:
"Es wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens ein Sachverständigengutachten aus Deutschland eingeholt um dem Anschein von Befangenheit vorzubeugen."
3 Gutachten deckungsgleich
Laut der Mediatorin Margret Tews, die mehrere Betroffene betreut hat, hat der Gutachter mit Textbausteinen gearbeitet, Tews über drei Väter:
"Wenn man diese drei Gutachten übereinanderlegt, sind die Gutachten deckungsgleich, inklusive Rechtschreibfehlern und Beistrichen. Nur die Namen wurden geändert."
Anwalt: kein Motiv
Der Anwalt des beschuldigten Gutachters weist die Vorwürfe zurück und will sie vor Gericht widerlegen. Die Vorwürfe seien großteils von enttäuschten Vätern gekommen. Der Gutachter habe aber kein Motiv gehabt, falsche Gutachten zu erstellen. Und er habe im Ermittlungsverfahren auch Unterstützung von drei Familienrichtern bekommen.