Scharfe Kritik an Jugendstrafvollzug
Der Jugendstrafvollzug in Österreich sei Folter, sagt Jugendrichterin Beate Matschnig. Anlass ist die Vergewaltigung eines 14-Jährigen in der Justizanstalt Wien-Josefstadt, wie die Zeitschrift "Falter" berichtet. Jugendrichter fordern schon seit Jahren, dass Jugendliche besser untergebracht und vor Gewalt geschützt werden. Die Vollzugsdirektion wehrt sich gegen die Vorwürfe.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 26.6.2013
Zu wenig Beschäftigung
Geschlossene Zellen von Freitag 15 Uhr bis Sonntag acht Uhr, zu viele Jugendliche in einer Zelle und zu wenig Beschäftigung, weil das Personal fehlt. Das seien unhaltbare Zustände, kritisiert Jugendrichterin Matschnig. So seien seit zwei Wochen die Werkstätten gesperrt , weil keine Leute da sind. "Und je weniger sie beschäftigt sind, umso mehr kommen sie auf Dummheiten, das ist ja auch klar", so Matschnig. Durch das lange Eingesperrtsein und das Nichtstun kommt es immer wieder zu Übergriffen und Demütigungen in den Zellen, sagt Beate Matschnig, vor kurzem wurde ein 14-Jähriger von seinen Zellengenossen zuerst misshandelt und dann brutal mit einem Besenstiel vergewaltigt. "Je mehr Burschen in einer Zelle, desto schlechter", man versuche auf Zweierbelegung umzustellen - das sei aber ein Platzproblem. Bei derartigen Vorfällen sei immer einer das Opfer, einer der Täter und die anderen machten mit, weil sie nicht selber Opfer sein möchten. Und derzeit seien bis zu sechs junge Erwachsene in einer Zelle.
"Man bemüht sich nach Kräften"
Jeder Vorfall sei bedauerlich, sagt Christian Timm von der Vollzugsdirektion. Aber das Justizpersonal sei sogar von Sparmaßnahmen ausgenommen, alles werde nachbesetzt und man bemühe sich nach Kräften. Und mehr Jugendliche in einer Zelle - das müsse nicht immer schlecht sein. Auch bei einer geringeren Belegung könne es zu Übergriffen kommen, weil dort weniger soziale Kontrolle bestehe.
Eigene Justizanstalt?
Aber auch Christian Timm lässt durchklingen: wirklich gute Bedingungen sehen anders aus. Die Haftzahlen seien einfach zu hoch. Das Ziel müsse eine eigene Justizanstalt für Jugendliche sein. Geredet wird darüber schon länger, gescheitert sei man zwar damals an der Ressourcenfrage, aber man schaue sich den Plan noch einmal genau an.
Beate Matschnig hofft auf den politischen Willen, wie sie sagt. Denn wenn in die Jugendlichen nicht jetzt investiert werde, kosteten sie in einigen Jahren das Vielfache.