Frauen im arabischen Frühling: Wenig erreicht

In den vergangenen zwei Jahren wurden einige diktatorische Regime in der arabischen Welt gestürzt - aber für die Frauen was ist durch diesen arabischen Frühling wenig besser geworden. Immer noch kämpfen sie um ihre Grundrechte. Das wurde dieser Tage auch bei der Menschenrechtskonferenz in Wien deutlich, an der auch prominente Frauenrechtlerinnen aus Jemen und aus Ägypten teilnahmen.

Mittagsjournal, 29.6.2013

Vertrauen und Mut

Demonstrierende Frauen, die empört gegen das Regime protestieren, schreiende Frauen, auf die eingeprügelt wird, verhaftete Frauen, die nie wieder aus den Gefängnissen auftauchen - diese Bilder der arabischen Revolution haben sich in die Köpfe gebrannt. Frauen waren die treibende Kraft hinter der Revolution. Eine von ihnen ist Tawakkol Karman. Mit Demos und Massen-Sms hat die jemenitische Journalistin und Frauenrechtlerin erheblich dazu beigetragen, das Regime von Ali Abdullah Saleh zu stürzen, mehrmals wurde sie verhaftet, 2011 bekam sie als erste arabische Frau den Friedensnobelpreis: "Das Erfolgreichste, was wir mit der Revolution geschafft haben ist, dass die Frauen Vertrauen zu sich selbst aufgebaut haben und zur Gesellschaft. Vorher hatten sie nur eine traditionelle Rolle. Nach der Revolution haben sie Männer angeführt, sie haben das Land angeführt."

Schlusslicht bei Gleichstellung

Nichtsdestotrotz ist die Lage der Frauen im Jemen weiterhin prekär. Die Hälfte der Frauen können nicht lesen und schreiben, jede siebente wird vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. Im Global Gender Report, der die Gleichstellung zwischen Mann und Frau untersucht, liegt der Jemen weiterhin auf dem 135. und letzten Platz. "Wir müssen uns mehr engagieren, mobilisieren, wenn wir eine gewichtige Rolle spielen wollen. Wir müssen den Frauen mehr zuhören, sie unterstützen, sie wirtschaftlich stärken. "

Resignation und Rückschritt

In Ägypten sei man davon noch weit entfernt, sagt die ägyptische Politologin Hind Mahmoud. Vielmehr macht sich Enttäuschung und Resignation breit: "2011 waren wir alle voller Freude, die Leute waren glücklich, haben auf den Anbruch einer neuen Ära geglaubt. Jetzt aber sind wir in der Realität angekommen und haben erkannt: es ist nicht genug, das alte Regime niederzureißen. Die größere Herausforderung ist, etwas Neues zu bauen."

Die neue demokratisch gewählte Regierung unter Mohamed Mursi hat die weiblichen Erwartungen nicht erfüllt, sagt die Frauenrechtlerin Mahmoud: "Wir sehen nicht, dass die Frauen mehr Rechte bekommen haben. Schlimmer noch, wir erleben sogar einen Rückschritt, und dass uns jetzt sogar bereits errungene Rechte wieder abhanden kommen."

Vor kurzem hat Mursis Partei, die Muslimbruderschaft, sogar öffentlich ein UNO-Papier als kulturlos und zerstörerisch verurteilt, das Frauen beispielsweise sexuelle Freiheit, das Recht auf Scheidung oder Zugang zu Verhütungsmitteln zuspricht. "Ich denke, es ist ein Desaster. Die Muslimbruderschaft ist eine Bedrohung für die Gesellschaft und die Rechte von Frauen und es ängstigt uns."

Revolution geht weiter

Verängstigend ist auch die Welle an sexueller Gewalt gegen Frauen. Jede neunte ägyptische Frau wird heute Opfer eines Übergriffes. Die Anfangskrankheiten einer wachsenden Demokratie sind schmerzhaft, sagt die Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman. Aber sie zeigen die wahre Errungenschaft der arabischen Revolution: Die Frauen solidarisieren sich, sie engagieren sich, sie schärfen ihr Bewusstsein. Die Revolution ist noch nicht zu Ende, ja, die ersten Schritte waren erfolgreich, jetzt folgen die weiteren Schritte.

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