Simon Denny im mumok: Internetkrimi und Kunst
Mit der Internettauschplattform Megaupload machte der gebürtige Deutsche Kim Dotcom ein Vermögen. Nach Ermittlungen des FBI wurde die Plattform 2012 geschlossen und Firmengründer Kim Dotcom kurzzeitig inhaftiert. Ein Internetkrimi, der den neuseeländischen Künstler Simon Denny zu einem Kunstwerk inspiriert hat, das ab heute im Museum moderner Kunst in Wien zu sehen ist.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 3.7.2013
60 Server, 22 Luxuskarossen, ein Dutzend Flatscreens und sage und schreibe 175 Millionen Dollar in bar: Ein kleiner Auszug aus der Liste jener Objekte, die die Polizei 2012 auf dem neuseeländischen Anwesen des Internetmillionärs Kim Dotcom beschlagnahmt hat. In einer Blitzaktion, die an einen Hollywood-Actionthriller erinnert, war die Villa des deutschstämmigen Megaupload-Gründers gestürmt worden. Eine Razzia, die im Nachhinein übrigens für rechtswidrig erklärt worden ist.
Spätestens seither inszeniert Kim Dotcom - der Name ist freilich selbst gewählt - seinen Rechtsstreit mit den US-Behörden und der US-Filmindustrie als Kampf David gegen Goliath. Da der anarchische Hacker, der für den freien Informationsaustausch steht, dort die starke Lobby der Film- und Unterhaltungsindustrie, die gegen Urheberrechtsverletzungen und Raubkopien mobil macht, weil sie sieht, wie ein Milliardengeschäft vor ihrer Nase wegbricht. Eine Geschichte, die selbst an das Drehbuch eines Hollywoodfilms erinnert.
Interessante Pointen
"Als Künstler bin ich im Allgemeinen daran interessiert, wie Informationskanäle funktionieren", sagt Simon Denny. "Wer hat Zugang zu welchen Informationen? Und: Wie werden Informationen verbreitet? Das heißt, Internettauschpattformen und die Urheberrechtsdebatte, die diese Plattformen ausgelöst haben, haben mich immer schon interessiert. Im Falle Kim Dotcoms gibt es dann noch diese wahnsinnig schillernde Geschichte", so Simon Denny.
Der erst 30-jährige Simon Denny hat mit seinen medienanalytischen Arbeiten, die sich mit der Funktionsweise globaler Informationskanäle wie Fernsehprogramme oder Internetnetzwerke auseinandersetzen, in den vergangenen Jahren für Furore gesorgt. Seine Methode besticht durch analytische Tiefenschärfe und vor allem witzigen Pointen.
Die Causa Megaupload zum Beispiel, die eine weltweite Diskussion über Eigentumsrechte bzw. freien Datenaustausch angefacht hat, beleuchtet Denny aus einer - nun ja - ungewöhnlichen Perspektive. Aus den insgesamt 110 Objekten, die die Polizei bei ihrer Razzia 2012 auf Kim Dotcoms Anwesen beschlagnahmt hat, kreierte Simon Denny eine Installation. Zu sehen sind Kopien, Plagiate und Imitationen, jener Objekte, die auf der Beschlagnahmungsliste der Polizei angeführt sind. Darunter auch Artefakte der kitschigen Kunstsammlung, die der IT-Unternehmer mit Hang zur schrillen Selbstinszenierung in seiner Villa gehortet hat
"Die großen neuseeländischen Zeitungen haben über die Affäre rund um Kim Dotcom berichtet", sagt Denny. "Jeden Tag kamen noch verrücktere Details ans Tageslicht. Die Razzia seines Anwesens hätte in einem James-Bond-Film nicht spektakulärer inszeniert werden können. Helikopter und Polizisten mit Maschinengewehren, die eine Villa stürmen inklusive. In Neuseeland kommt so etwas nicht alle Tage vor. Ich habe die Causa Kim Dotcom von Anfang an interessiert verfolgt. Dann wurde diese Liste der von der Polizei beschlagnahmten Objekte publiziert und ich dachte nur: Was für eine verrückte Liste!", sagt Simon Denny.
Mit erst 30 Jahren gehört der Neuseeländer mit Wohnsitz in Berlin zu den vielversprechendsten Künstlern der jüngeren Generation. Ab heute ist seine Arbeit "The Personal Effects of Kim Dotcom", ein kluger und witziger Kommentar zum Streit um Urheberrecht versus freien Datenaustausch im Museum moderner Kunst Wien zu sehen.
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