Britische Abgeordnete gegen mehr Gehalt
Die Abgeordneten aller britischen Parteien wehren sich mit Händen und Füßen gegen eine geplante Gehaltserhöhung von zehn Prozent oder rund 1000 Euro pro Monat, um die Wähler nicht zu vergraulen. Premierminister David Cameron plant nun, ein eigenes Notgesetz zu erlassen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 5.7.2013
Sensibles Thema
Nach dem Spesenskandal vor vier Jahren hatte die Regierung eine unabhängige Kommission betraut, die Spesen und Gehälter der Abgeordneten festzusetzen. Somit hat sie keine Macht, die geplante Erhöhung rückgängig zu machen. Es sei denn, die Regierung verabschiedet dieses Notgesetz. Die Abgeordneten im Parlament in Westminster erinnern sich nur allzu gut an den öffentlichen Zorn, die monatelange Schelte in den Medien, die Rücktritte und Strafprozesse im Zuge des Spesenskandals. Die Gehälter und Spesen sind seitdem ein sensibles Thema, sagt Grant Shapps, der konservative Parteivorsitzende: "Alle haben den Spesenskandal noch in Erinnerung. Es wurde eine unabhängige Kommission eingesetzt, damit die Abgeordneten nicht mehr selbst ihre Spesen und Gehälter festlegen können. Ich glaube die Öffentlichkeit stimmt mir zu wenn ich sage, die Kosten unseres politischen Systems sind zu hoch."
Kommission soll Erhöhung zurücknehmen
Von einer Erhöhung wollen die meisten Parlamentarier nichts wissen, wenn ganz Großbritannien sparen muss und die Wirtschaft noch immer nicht ordentlich läuft. Vize-Premierminister Nick Clegg von den Liberaldemokraten bittet die unabhängige Kommission für parlamentarische Standards, ihre Entscheidung zu überdenken, den Abgeordneten eine Zehn-Prozent-Gehaltserhöhung zu verordnen. Millionen Bedienstete im öffentlichen Bereich müssen Gehaltskürzungen in Kauf nehmen, um das Budgetdefizit in den Griff zu bekommen, so Clegg: "Abgeordnete sind Staatsdiener, die vom Steuerzahler bezahlt werden. Es wäre unmöglich der Öffentlichkeit zu erklären, warum Abgeordnete anders als andere behandelt werden." Clegg hat vor, eine mögliche Gehaltserhöhung nicht anzunehmen.
"Gerechtfertigt und notwendig"
Die unabhängige Kommission für Parlamentarische Standards argumentiert, das neue Gehaltsschema sei transparenter und würde die Spesen verringern. Ein britischer Abgeordneter verdient umgerechnet rund 78.000 Euro jährlich, er liegt damit hinter seinen Kollegen in Deutschland und Irland und verdient auch wesentlich weniger als ein EU-Parlamentarier. Die Erhöhung sei gerechtfertigt und dringend notwendig, um die besten Kandidaten für eine politische Karriere anzuziehen, so die unabhängige Kommission. Der Labour-Abgeordnete Keith Vaz stimmt dem zu, lehnt es aber ab, die Entscheidung der Kommission zu kommentieren: "Wir sollten nicht über unsere Gehälter sprechen, die Kommission hat entschieden, es muss nicht jeder einen Kommentar abgeben."
Cameron hält an Notgesetz fest
Ein paar Abgeordnete sagen, sie würde die Gehaltserhöhung annehmen, genauso wie sie eine Gehaltskürzung akzeptieren müssten. Premierminister David Cameron will es aber nicht dazu kommen lassen, die Regierung plant mit einem Notgesetz die Erhöhung der Gehälter zu verhindern. Das wäre aber politische Einflussnahme auf die öffentlichen Finanzen, während des Spesenskandals ist diese Vorgangsweise heftig angeprangert worden.