2002 - Die Freitag-Tasche

Das Jahr 2002 sieht uns auf dem Fahrrad durch die Innenstadt fahren. Über die Schulter gehängt, tragen wir eine Tasche der Schweizer Brüder Daniel und Markus Freitag.

Auch wenn die findigen Schweizer für ihre Taschen vermeintliche Abfallprodukte, nämlich alte LKW-Planen verwenden, sind sie von der ursprünglichen Recycling-Idee, wie sie in den Öko-Bewegungen der 1970er Jahre erdacht wurde, doch meilenweit entfernt. Das neue Trendwort heißt jetzt "Upcycling".

Freitag Tasche

(c) Wien Museum

Die Freitag-Tasche war aber nicht nur teuer und schick, sondern verkörperte auch ganz konkrete Werte. Sie stand für dieselben Werte, die auch einer damals neu entstandenen gesellschaftlichen Klasse wichtig waren: den Bobos. Den Begriff, eine Abkürzung für "bourgeoisen Bohémien", hatte der "New York Times"-Kolumnist David Brooks in seinem Buch "Bobos in Paradise" im Jahr 2000 geprägt. Gerade weil es sich der Bobo in der goldenen Mitte aller Werte und Haltungen bequem gemacht hat, hängt ihm der abschätzige Ruf eines "Möchtegern-Bohemiens" nach.

Schaufenster mit Freitagtasche

(c) Schimmer, ORF

In Wien hat Andrea Maria Dusl in ihrem Roman "Boboville" das Verhalten und die typischen Lebensräume der Gattung "Bobo" beschrieben. Schauplätze ihres Buches waren Bobo-Zentren wie der Brunnenmarkt oder das Karmeliterviertel, beides Orte, die sich die Bobos Anfang der 2000er Jahre erobert hatten. Der Berliner Stadtphilosoph Guillaume Paoli hat diese Entwicklung in einem Satz auf den Punkt gebracht: "Für ein Stadtviertel ist ein Boboschwarm so verheerend wie für exotische Länder ein Touristeneinfall."