Wahlkampfkosten: Deckel hat Löcher
Ab heute gilt die neue Wahlkampfkosten-Deckelung. Die Regierungsparteien haben sie nach den im Vorjahr aufgeflogenen Praktiken um undurchsichtige Parteifinanzen beschlossen. Doch offenbar haben sie die Regelung so gestaltet, dass echte Transparenz fraglich ist: Der Rechnungshof kritisiert, dass die Wahlkampfkosten gar nicht wirklich kontrolliert werden können. Und der Fachmann für Parteifinanzen, Hubert Sickinger, sieht Schlupflöcher.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 9.7.2013
Keine inhaltliche Kontrolle
Sieben Millionen Euro darf von heute an bis zum Wahltag am 29.September jede Partei für den Wahlkampf ausgeben. Kontrollieren soll das laut Gesetz der Rechnungshof. Doch das sei gar nicht möglich, kritisiert Rechnungshofpräsident Josef Moser. Der Rechnungshof könne die Unterlagen, Kassen, Vermögensbestände und Bücher gar nicht kontrollieren. "Er kann sich nur auf das verlassen, was ihm vorgelegt wird", so Moser. Das sei keine inhaltliche, sondern nur eine formelle Kontrolle. "Und meines Erachtens nach reicht das bei Weitem nicht aus."
Um festzustellen, ob die Parteien ihre Wahlkampfkosten wahrheitsgetreu angeben, müsste der Rechnungshof Detektivarbeit leisten. Zum Beispiel müsste bei den jetzt schon von den Parteien gehängten Plakaten nachgeforscht und berechnet werden, wie lange vor und nach dem heutigen Stichtag sie zu sehen sind und welcher Anteil der Rechnung damit der Kontrolle unterliegt.
Etikettenschwindel
Der Rechnungshof könne das nicht prüfen, sagt Josef Moser: Dem Rechnungshof werde der Rechenschaftsbericht bis September 2014 vorgelegt. Darin befasse sich ein eigener Abschnitt mit den Wahlkampfkosten. Der Rechnungshof könne nicht prüfen, ob die Zuordnung richtig sei oder die Aufzählung der Wahlkampfkosten vollzählig sei. "Sondern er kann nur anhand des vorgelegten Rechenschaftsberichts beurteilen, ob konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Angaben unrichtig oder unvollständig sind. Das ist nahezu ausgeschlossen."
Noch dazu, wo die Parteien die entsprechenden Angaben erst in mehr als einem Jahr vorlegen müssen. Der Rechnungshofpräsident sieht einen Etikettenschwindel: "Das heißt, es steht bei der Kontrolle Rechnungshof drauf, aber es ist nicht Rechnungshof drinnen."
Lücke durch Personenkomitees
Und selbst ob diese dem Rechnungshof gemeldeten Wahlkampfkosten der Wahrheit entsprechen werden, bezweifelt der auf Parteifinanzen spezialisierte Politikwissenschaftler Hubert Sickinger. Denn das Gesetz umfasst nur Parteien und Politiker, nicht aber die sogenannten Personenkomitees, die erfahrungsgemäß der Parteilinie dienen, aber nicht offiziell zu einer Partei gehören - wie etwa zuletzt bei der Wehrpflicht-Volksbefragung: "Man kann auf Basis der Gesetzeslage einerseits argumentieren, weil es nicht geregelt ist, fällt es nicht unter die Wahlkampfkostenbeschränkung. Man kann andererseits sich die Realität in Österreich anschauen und sieht dann, dass derartige Komitees in keiner Weise unabhängig von der Wahlkampflinie der Parteien sind, sich auf das allerengste koordinieren, üblicherweise mit den Wahlkampfmanagern der Parteien", so Sickinger. Die Rolle derartiger sogenannter Personenkomitees bei den Wahlkampfkosten müsste demnach noch auf juristischem Weg geklärt werden.