Luxemburg: Stolpert Juncker über Geheimdienst?

Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker könnte über eine Affäre wie aus einem Agentenfilm stolpern. Es geht um illegale Spitzeleien und ein bizarres Eigenleben des Geheimdienstes. Ein Untersuchungsbericht des Parlaments schreibt Juncker, der die Aufsicht für die Geheimdienste hat, die politische Verantwortung zu.

Morgenjournal, 10.7.2013

Brisanter Geheimdienstbericht

Den Rückzugsgerüchten hat Jean-Claude Juncker zuletzt selbst Nahrung gegeben. Beim Besuch einer Maturafeier Ende letzter Woche hat er laut Zeitungsberichten gesagt, dass das wohl einer seiner letzten Auftritte in der derzeitigen Funktion sei. Heute Nachmittag wird im Luxemburger Parlament der Geheimdienstbericht behandelt, der Juncker das Amt kosten könnte. Der Fraktionschef seines sozialdemokratischen Koalitionspartners Lucien Lux spricht jedenfalls schon von einem nötigen Neubeginn: "Es geht um politische Verantwortung und etwaige personelle Konsequenzen. Das Land braucht einen Neuanfang. Wir können und wollen Neuwahlen nicht ausschließen."

Wanze in der Armbanduhr

Politische Verantwortung soll Juncker für einen teils brutalen, teils bizarren Geheimdienstskandal übernehmen. Begonnen hat alles vor fast 30 Jahren mit einer Serie von Bombenanschlägen mit mehreren Verletzten und Millionenschaden. Aufgeklärt ist bis heute nichts aber immer wieder wird gemunkelt, dass Polizei und Geheimdienst die Hände im Spiel hatten, um öffentlichen Druck für eine Aufwertung und bessere Ausstattung zu schaffen. Zwei Gendarmen stehen erst jetzt deshalb vor Gericht. Beobachter beurteilen die Beweislage aber als dünn.

Dafür haben sich Geheimdienstler gegen die Ermittler in der Bombenaffäre einiges einfallen lassen. Gegen den leitenden Staatsanwalt wurde ein Dossier angelegt, das ihm Pädophilie andichtet. Reihenweise wurden Bürger illegal bespitzelt, unter anderem Juncker selbst. Ein Gespräch über die Bombenaffäre mit dem Premier hat der frühere Geheimdienstchef per Wanze in der Armbanduhr abhören lassen.

Neuwahl wahrscheinlich

Juncker hat vom Eigenleben des Dienstes erfahren, aber nichts dagegen getan, wird ihm jetzt vorgeworfen. Europas längst dienender Premier nach fast 30 Jahren Spitzenpolitik am Ende? Neuwahlen im Oktober sind wahrscheinlich. Doch einfacher Rückzug ist nicht die Sache Junckers, macht der Vorsitzende von Junckers christlich-sozialer Volkspartei, Michel Wolter, klar: "Selbstverständlich wird Juncker wieder antreten, wenn im Parlament das eintritt, was alle erwarten. Es gibt ja Gott sei Dank einen Schiedsrichter - das sind noch immer die Wähler." Bei denen scheint Juncker vorerst mit ein paar Schrammen davon zu kommen. Laut Umfragen könnte er bei Wahlen wieder mit einer Mehrheit rechnen.