Juncker zieht Konsequenzen

Es könnte das Ende einer Ära sein: Jean-Claude Juncker hat vorzeitige Neuwahlen angekündigt. Der langjährige Chef der Euro-Gruppe ist damit nach einer emotionalen Parlamentsdebatte über illegale Abhöraktionen des luxemburgischen Geheimdienstes einem Misstrauensvotum der Opposition zuvor gekommen. Ob die Neuwahlen tatsächlich das Ende seiner politischen Karriere bedeuten, ist offen.

Jean Claude Juncker

(c) Warnand, EPA

Morgenjournal, 11.7.2013

Aus Brüssel, ORF-Korrespondent

Juncker schlägt Neuwahlen vor

Luxemburg hat einen Großherzog und seit 1995 auch einen ungekrönten König: Jean Claude Juncker ist lange genug im Politgeschäft, um zu wissen, wann es wirklich eng wird. Zunächst hat er den Abgeordneten bei der gestrigen Geheimdienstdebatte noch zugerufen: "wenn ihr die Vorwürfe glaubt, dann stimmt doch ab." Als ihm dann zuletzt aber auch noch der sozialdemokratische Koalitionspartner in den Rücken gefallen ist, hat Juncker die Flucht nach vorn ergriffen. Er werde das Kabinett am Donnerstag um 10.00 Uhr einberufen und danach zum Palast gehen, um dem Großherzog Neuwahlen vorschlagen.

Als Schuldeingeständnis ist das nicht zu werten. 2 Stunden lang hat sich Juncker wortreich gegen den Vorwurf verteidigt, er habe den wildgewordenen, hyperaktiven Geheimdienst des Großherzogtums nicht ausreichend kontrolliert. "Ich kann beim besten Willen keine persönliche Verantwortung erkennen." Kein einziges Mal hat er in diesen zwei Stunden das Wort Rücktritt erwähnt.

Juncker als neuer EU-Ratspräsident?

Der 58jährige hält sich alle Türen offen. Wenn jetzt in Luxemburg in drei Monaten statt wie regulär im kommenden Jahr gewählt wird, könnte der Spitzenkandidat der Christlich-Sozialen erneut Jean-Claude Juncker heißen. Mehr als 60 Prozent der Luxemburger Wähler würden das laut einer aktuellen Umfragen auch unterstützen.

Aber es winken auch höhere Weihen - auf europäischer Ebene. Der charismatische Politiker könnte der ideale Kandidat sein, um den eher farblosen EU-Ratspräsidenten Herman van Rompuy abzulösen, wird in Brüssel hinter vorgehaltener Hand gemunkelt.

Jean Claude Juncker gilt als einer der wichtigsten Europapolitiker der vergangenen Jahrzehnte. Er hat als Finanzminister geholfen, den Vertrag von Maastricht zu entwerfen und durchzusetzen. Als Vorsitzender der Eurogruppe ist der studierte Jurist von 2005 bis 2013 maßgeblich am Krisenmanagement während der Finanzkrise beteiligt gewesen.