Wirtschaftsstandort: Wahlkampf mit Zahlen
Das ÖVP-geführte Finanzministerium versucht mit einer Statistik, Forderungen der SPÖ nach Unternehmenssteuern zu untergraben: 70.000 Arbeitsplätze, Milliarden Steuereinnahmen und Kaufkraft sollen durch die Abwanderung von Firmen binnen vier Jahren bis 2012 verloren gegangen sein. Die SPÖ kontert mit 94.000 neuen Jobs, die im selben Zeitraum Jahren in Österreich neu entstanden seien - Standortfragen als Wahlkampfthema.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 22.7.2013
Besorgte Wirtschaft
Es ist ein Kommen und Gehen am Standort Österreich - und daher ist die Frage des Standpunkts schwer zu beantworten, weil viele Faktoren eine Rolle spielen, weil sich internationale Konzerne nicht gerne in die Karten schauen lassen und weil auch die Politik ihre Interessen verfolgt - nicht zuletzt im Wahlkampf. Von 2008 bis 2012 seien jedenfalls derart viele Konzerne und Unternehmen abgewandert, dass der österreichische Staat dadurch auf 1,26 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verzichten musste, heißt es in der Studie des Finanzministeriums, die am Wochenende bekannt wurde. Darunter sind 350 Millionen Euro Lohnsteuer und 645 Millionen Sozialversicherungsbeiträge. 70.000 Arbeitsplätze seien verschwunden - und das habe die potentielle Kaufkraft der Menschen in Österreich um fast eineinhalb Milliarden Euro geschwächt. Wie viel weniger Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer eingenommen wurde, könne man nicht beziffern.
Von einem Alarmsignal hat heute Peter Haubner, der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, im Ö1-Morgenjournal gesprochen. Die Unternehmen brauchten Rechts- und Planungssicherheit, die Diskussion über neue Steuern sei daher Gift für den Wirtschaftsstandort Österreich.
SPÖ kontert
Dem Standort gehe es gut, kontert die SPÖ: Sie verweist auf eine Studie der Austrian Business Agency, wonach von 2008 bis 2012 sogar 94.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden seien - alleine 2012 haben sich mehr als 200 ausländische Betriebe angesiedelt, zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Die Zahl der Headquarters sei zuletzt wieder stark gestiegen: Als Beispiele werden BMW, Metro und Mitsubishi genannt. Einige Konzerne hätten ihre Headquarters auch abgezogen: Nespresso zum Beispiel oder Hyundai. Das liege aber oft an konzern-internen Umschichtungen. SPÖ-Staatssekretär Schieder verweist auf eine Studie, wonach Steuern bei der Standort-Wahl sekundär sind: Wichtiger seien gut ausgebildete Mitarbeiter und die Infrastruktur.
Keine Firmenkommentare
In der Studie des Finanzministeriums werden einige Konzerne genannt, die Headquarters oder Produktionsstätten abgezogen haben: Heineken, Novartis, Nokia und IBM etwa, aber auch Nespresso. Sie wollten heute auf Nachfrage keine Stellungnahme abgeben. Bei IBM verweist man darauf, dass es keine aktuelle Diskussion sei, der Abzug des Osteuropa-Headquarters sei schon 2008 passiert, die Studie selbst will man nicht kommentieren.