Siemens: Löscher wehrt sich

Über das Wochenende ist die Vorentscheidung gefallen. Peter Löscher, einer der bekanntesten österreichischen Manager im Ausland, soll seinen Posten an der Spitze des Siemens-Konzerns verlieren. Sein bisheriger Finanzdirektor Joe Kaeser soll die Nachfolge antreten. Löscher sieht darin offenbar eine Intrige und will nicht aufgeben ohne sich zu wehren.

Mittagsjournal, 29.7.2013

Tiefe Verwundungen

Das Wort Machtkampf taucht heute in so gut wie jedem Artikel auf, der sich mit den Vorgängen bei Siemens befasst, und der Süddeutschen Zeitung zufolge soll der Machtkampf auch hoch nicht ganz ausgestanden sein. Freiwillig, so heißt es dort, werde Peter Löscher das Feld nicht räumen. Er wolle erreichen, dass auch Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme abtritt, und falls dieser das nicht tue, dann müsse eine Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat her, um ihn, Löscher, formell hinauszuwerfen.

Das scheint etwas hoch gegriffen, denn ein scheidender Vorstand kann sich keine großen Hoffnungen darauf machen, über das Schicksal seines Aufsichtsratschef zu bestimmen, aber es zeigt, wie tief die Verwundungen sind, die im Lauf der letzten Tage zugefügt wurden.

Mittlerweile wies Löscher zurück, dass er seinen Posten nur räumen wolle, wenn zugleich auch Cromme zurücktrete. Der "Bild"-Zeitung sagte Löscher: "Es geht mir ausschließlich um das Wohl von Siemens und der 370.000 Siemensianer, die zurecht stolz auf ihr Unternehmen sind."

Reihe von Fehlschlägen

Peter Löscher sieht sich als Opfer einer Intrige. Der Finanzvorstand Joe Kaeser und der Aufsichtsratschef Cromme hätten zusammengewirkt, um ihn abzulösen. Da ist schon was dran. Aber der Finanzwissenschaftler Hans Peter Burghof sieht es nüchterner und meint, da sei einer abgelöst worden, der schon ablösereif war: "Löscher hat diesen Machtkampf ermöglicht, indem er nicht die Erfolge erzielt hat, die er versprochen hat. Insofern ist es nicht überraschend, dass die Kapitalmärkte den angekündigten Wechsel jetzt auch belohnen." An der Börse geht es mit Siemens nämlich wieder leicht bergauf.

Zuletzt musste Peter Löscher den Kopf hinhalten für eine Reihe von Fehlschlägen unter seiner Gesamtleitung. Bei den Windparks in der Nordsee wurde viel Geld in den Sand gesetzt, Züge für die Deutsche Bahn wurden nicht rechtzeitig fertig, Firmen wurden oft zum falschen Zeitpunkt an- und wieder verkauft.

Problematischer Wechsel

Jetzt soll Joe Kaeser weitermachen, ein Mann, der ganz im Gegensatz zu Peter Löscher sein ganzes Berufsleben bei Siemens verbracht hat. Intern hat er damit sicher einen Bonus. Löscher, so heißt es, hätte die Siemens- Mitarbeiter nie so ganz auf seine Seite bringen können. Aber der Betriebswirtschaftler Manuel Theisen aus München sieht auch bei Kaeser Problematisches: Der sei nämlich ein Finanzmann, und als Finanzmann dürfe man keine Visionen haben - bei einem Vorstandsvorsitzenden sei aber genau das Gegenteil wichtig: Man habe Visionen und delegiere die Details. "Wie dieser Wechsel vernetzt in diesem Konzern nach 33 Jahren wie kaum ein anderer, souverän gemeistert werden soll, ist mir noch nicht ganz klar."

Am Mittwoch soll die Ablösung des Siemens-Chefs formell vollzogen werden. Zwischen neun und zehn Millionen Euro werden Peter Löscher dann an Abfertigungs- und Pensionszahlungen mitgegeben. Bei Siemens bemüht man sich, diesen Betrag als Zukunftsinvestition zu sehen.

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