Russland: US-Rockband ausgewiesen

In Russland verschärft sich das gesellschaftliche Klima gegenüber Andersdenkenden weiter. Ins Visier geraten nicht nur inländische Oppositionelle und Kulturschaffende, sondern auch immer mehr Ausländer, wie die US- Popgruppe Bloodhound Gang am Wochenende feststellen musste. Wegen Schändung der russischen Fahne wurde sie von der Polizei einvernommen und ausgewiesen.

Morgenjournal, 5.8.2013

Kulturminister twitterte Auftrittsverbot

"Sagt Putin nichts davon!", ruft der Bassist der Bloodhound-Gang, bevor er sich letzte Woche bei einem Konzert im ukrainischen Odessa eine russische Fahne durch die Unterhose zieht und ins Publikum wirft. Diese nicht unbedingt geschmackssichere, aber doch harmlose Aktion wurde in Russland innerhalb weniger Tage zur Staatsaffäre, denn die Bloodhound-Gang hätte am Samstag der Haupt-Act des Rockfestival Kubana in Südrussland sein sollen. Unmöglich - Kulturminister Wladimir Medinski persönlich sorgte für eine Absage und schrieb auf Twitter: "Habe mit den Verantwortlichen gesprochen. Die Idioten werden nicht auftreten."

Übergriffe und Polit-Empörung

Doch dabei blieb es nicht. Die Mitglieder der Bloodhound-Gang wurden von der Polizei wegen Verdachts auf Schändung der russischen Fahne einvernommen und ausgewiesen, auf dem Weg zum Flughafen wurden sie mit Tomaten und faulen Eiern beworfen, eine Gruppe ultranationalistischer Kosaken griff die Band am Flughafen tätlich an und trampelte auf amerikanischen Fahnen herum. Im russischen Staatsfernseen avancierte die Geschichte zu einer der Topmeldungen: Der stellvertretende Parlamentspräsident Newerow von der Regierungsparte Einiges Russland fordert ein Strafverfahren gegen die Konzertveranstalter. Empört meinte auch der Vorsitzende der Kommunisten Sjuganov: "Für jeden normalen Menschen sind die Fahne und Hymne heilig, man muss dafür sorgen, dass so etwas nicht vorkommt." - "Bloodhound-Gang - schon dieser Name ist ja ekelhaft. Niemand soll die mehr irgendwohin einladen!", ergänzt Wladimir Schirinowski von den Liberaldemokraten.

Kein Einzelfall

Dabei hätte niemand überrascht sein müssen: Die Bloodhound-Gang, die ihre größten Erfolge Ende der 1990er feierte, ist bekannt für ihre drastischen Bühnenauftritte. Bekannt wurde sie mit Songs wie "Foxtrott Uniform Charlie Kilo", in Funkersprache bedeutet das soviel wie F. U. C. K.. Doch das Vorgehen gegen die Bloodhound-Gang ist kein Einzelfall. Vor einem Jahr wurde die amerikanische Sängerin Madonna angezeigt, weil sie gegen das Verbot von Propaganda für Homosexualität verstoßen haben soll. Vor drei Wochen wurde dieses Gesetz erstmals gegen Ausländer angewendet, als ein holländischer Homosexuellen-Aktivist ausgewiesen wurde.

Ein halbes Jahr vor den Olympischen Spielen in Sotschi wächst die Sorge bei internationalen Sport- und Menschenrechtsverbänden, nachdem der russische Sportminister Vitalij Mutko erklärte, das Gesetz gegen Homosexuellenpropaganda werde auch bei den Olympischen Spielen rigoros überwacht und durchgesetzt. Verhaftung schwuler Sportler in Sotschi - da wäre, um bei einem Song der Bloodhound Gang zu bleiben, wohl Feuer am Dach beim Internationalen Olympischen Komitee.