Berufungsprozess zum Fall Chodorkowski

Das Oberste Gericht Russlands entscheidet heute über eine Beschwerde des inhaftierten Ex-Oligarchen und Kremlkritikers Michail Chodorkowski. Er ist unter anderem wegen Steuerhinterziehung und Öldiebstahls verurteilt worden - in Prozessen, die international als politisch motiviert kritisiert werden. Es ist unwahrscheinlich, dass der scharfe Kritiker von Präsident Putin bald frei kommt.

Morgenjournal, 6.8.2013

Videoleitung aus Straflager

Die Entscheidung des Obersten Gerichts in Moskau wird mit Spannung erwartet- Michail Chodorkowski selbst nimmt an der Verhandlung teil. Allerdings nur per Videoschaltung, er sitzt in einem Straflager in Nordrussland. Die Beschwerde betrifft das zweite Gerichtsurteil gegen Chodorkowski. Der einst reichste Mann Russlands und ehemalige Chef des inzwischen zerschlagenen Öl-Kozerns Yukos wurde 2010 zu 6 Jahren Straflager verurteilt: wegen Öldiebstahls und Geldwäsche. Später reduzierte das Gericht die Haft um zwei Jahre. Doch die Anwälte Chodorkowskis verlangen seine sofortige Freilassung. Das Verfahren habe nur ein Ziel gehabt: Chodorkowski mit fabrizierten Anklagen im Gefängnis zu behalten. Zum Zeitpunkt des zweiten Urteils sass Chodorkowski nämlich bereits im Straflager, er war schon 2005 wegen Steuerhinterziehung zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Doch die Chancen, dass Michail Chodorkowski nun bald freikommt, sind gering. "Solange Präsident Putin an der Macht ist, wird mein Vater im Gefängnis bleiben", sagt Chodorkowskis Sohn Pawel. "Putin fürchtet ihn als politischen Gegner."

Dritter Prozess?

Bevor Chodorkowski 2003 verhaftet wurde, hatte er die Opposition finanziert und war offen gegen die Politik von Präsident Putin aufgetreten. Zudem plante er, selbst in die Politik zu gehen. Grund genug, dass die Gerichtsurteile gegen den ehemalige Öl-Unternehmer international als politisch motiviert gelten. Amnesty International bezeichnet Chodorkowski als politischen Häftling. Präsident Putin hingegen meinte zur Verurteilung seines Erzfeindes nur, der Dieb müsse im Gefängnis sitzen. Und es sieht so aus, als ob Chodorkowski dies noch lange müsste. Vieles deutet darauf hin, dass die russische Justiz einen dritten Strafprozess gegen ihn vorbereitet.