Kurdenfrage: Erdogan verspricht Reformen

Im Ringen um eine friedliche Lösung für den jahrzehntelangen Kurdenkonflikt in der Türkei gibt es wieder etwas Bewegung. Nach monatelangem Stillstand hat der türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gestern angekündigt, rasch Reformen zur Stärkung der Rechte der kurdischen Minderheit verabschieden zu wollen.

Mittagsjournal, 9.8.2013

Kurdische Vorleistungen

30 Jahre Bürgerkrieg, 40.000 Tote und viele enttäuschte Hoffnungen. Jetzt scheint die PKK am Ende ihrer Geduld angelangt zu sein - die kurdische Arbeiterpartei spricht eine letzte Warnung vor dem Scheitern der friedlichen Lösungsversuche aus. Man will endlich konkrete Schritte der türkischen Regierung sehen.

Durchaus verständlich, wenn man sich die Vorleistungen auf kurdischer Seite anschaut. Seit vergangenem Jahr hat es Geheimverhandlungen des türkischen Geheimdienstes mit dem inhaftierten Kurdenführer Abdullah Öcalan gegeben, der dann im März den historischen Waffenstillstand verkündet und den offiziellen Kurswechsel vorgibt - vom bewaffneten zum politischen Kampf. Der Rückzug von PKK-Kämpfern in kurdisches Gebiet im Nordirak und das Abrücken von der PKK-Kernforderung nach einem eigenen Kurdenstaat im Nordosten der Türkei.

Stattdessen wird nur noch regionale Autonomie die Anerkennung der kurdischen Identität und Sprachfreiheit also etwa Schulbildung in kurdischer Sprache verlangt. Antiterrorgesetze sollen geändert und die bisher geltende Zehn-Prozent-Hürde bei den Parlamentswahlen gesenkt werden.

Befriedung einer Dauerkrise?

Passiert ist von all dem bisher nichts. Doch jetzt scheint der türkische Ministerpräsident Recep Erdogan quasi in letzter Minute doch noch seinen Teil der Vereinbarungen erfüllen zu wollen, mitten in der parlamentarischen Sommerpause. Laut dem türkischen Nachrichtensender NTV überlegt Erdogan jetzt die Parlamentarier vorzeitig aus dem Urlaub zurück zu rufen, um das Demokratisierungspaket rechtzeitig verabschieden zu können.

Die Mehrheit der türkischen Bevölkerung steht ganz eindeutig hinter dem Friedensprozess. Erdogan weiß genau, will er die Türkei weiter an die EU heranführen oder auch nur einfach zu einem moderneren Staat machen, muss er die Rechte von Minderheiten wie Kurden ohnehin früher oder später anerkennen. Und: Umgeben von Krisenherden wie Syrien und dem Irak könnte es nicht schaden, wenigstens die Dauerkrise im eigenen Land zu lösen.

Die PKK, die von EU und USA als Terror-Organisation eingestuft wird, hat sich in jedem Fall eine Hintertür offengehalten. Erst nach erfolgreichem Abschluss der Friedensverhandlungen sollen die PKK Kampfverbände tatsächlich aufgelöst und entwaffnet werden.