Deutsche Bahn: Misere dank Sparkurs

Das Bahnchaos in der deutschen Stadt Mainz weitet sich aus. Weil zu wenig Personal vorhanden ist, fallen schon seit Tagen Züge aus oder haben Verspätung. Bis jetzt gab es die Probleme nur in der Nacht, ab heute angeblich auch untertags. Die Personalknappheit ist eine Folge eines rigorosen Sparkurses.

Mittagsjournal, 12.8.2013

Zu wenige Fahrdienstleiter

Der Bahnhof der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt kann nicht mehr angefahren werden, weil für das Stellwerk urlaubs- und krankheitsbedingt die Fahrdienstleiter fehlen. Die Abkopplung des Mainzer Bahnhofs sollte zunächst nur für wenige Tage gelten, dauert nun aber bis Ende August. Nachdem in den vergangenen Tagen nur die Abend- und Nachtstunden betroffen waren, fallen ab Montag in Mainz nach Bahnangaben auch tagsüber Regionalzüge aus. Laut "Bild am Sonntag" will die Bahn die Urlauber zurück an die Arbeit holen. Eine Bahn-Sprecherin wollte dies am Sonntag nicht bestätigen, sagte aber: "Grundsätzlich schließen wir nichts aus." Der "Bild am Sonntag" zufolge sind fünf der 15 Stellwerk-Fahrdienstleiter in Mainz erkrankt und drei im Urlaub.

Zu starker Personalabbau

Hintergrund der Personalknappheit sind auch Überalterung und Nachwuchsmangel. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG bemängelt, das Problem sei seit Jahren bekannt. Es fehlten in den Stellwerken bundesweit rund 1000 Fahrdienstleiter. Die Bahn habe zwar versucht gegenzusteuern. Aber dies reiche nicht aus, um den massiven Personalabbau der vergangene Jahre auszugleichen, sagte EVG-Vorstandsmitglied Reiner Bieck am Samstag im RBB. Dem "Spiegel" zufolge werden knapp 3.000 Weichen-Schaltzentralen der Bahn noch weitgehend mechanisch betrieben. Nur 415 Stellwerke würden computergesteuert.

Zu langsame Modernisierung

In Konzernkreisen hieß es, die Mängel in der Personalplanung hätten auch mit der Ablösung des Chefs der Netz-Sparte, Oliver Kraft, sowie dessen Arbeitsdirektor zu tun. Krafts Vertrag war erst im vergangenen Jahr bis 2017 verlängert worden, Anfang 2013 musste er dann gehen. Kraft hatte zuvor die Netz-Sparte zum wichtigsten Gewinnlieferanten des Konzerns gemacht. Über Jahre wurden gerade in diesem Bereich jährlich Tausende Stellen abgebaut. Zugleich wurden allerdings die Stellwerke wegen verzögerter Investitionen im Zuge des geplanten Börsengangs 2008 langsamer als zunächst geplant durch moderne vollelektronische ersetzt, was zu einer Personalentlastung geführt hätte. (Text: APA, Red.)