"Feuchtgebiete" jetzt als Film

Mit ihrem Roman "Feuchtgebiete" hat die ehemalige Musik-TV-Moderatorin Charlotte Roche 2008 für viel Aufsehen gesorgt. Explizit und provokant kreist sie darin um Themen wie Ekel und Sexualität, Körperbewusstsein und übertrieben Hygiene und löste damit in Deutschland eine Feminismusdebatte aus. Nun kommt die Verfilmung von "Feuchtgebiete" ins Kino.

Mittagsjournal, 12.8.2013

Hämorrhoiden, Körperflüssigkeiten aller Art, Masturbation mit Gemüse: eben all das, was schon in der Romanvorlage "Feuchtgebiete" die Gemüter erregte. Die Einen aus Ekel, die Anderen wegen des Mutes der Autorin, die Dinge beim Namen zu nennen, und das gleichzeitige Unverständnis darüber, dass sich im 21. Jahrhundert immer noch jemand über die nicht ganz so appetitlichen Seiten von Sexualität und Körperlichkeit dermaßen aufregen kann.

Regisseur David Wnendt hat all das in seiner Verfilmung nun vom Kopfkino der Leser auf die Leinwand übertragen. Zwar oft nur in Andeutungen, aber will man die über Tage getragene Unterhose der Protagonistin wirklich quasi in Großaufnahme sehen? Schon jetzt wird jedenfalls vom Skandalfilm des Sommers gesprochen. Facebook ließ den offiziellen Trailer wegen expliziter Inhalte sperren, und freigegeben ist der Film ab 16. Gerade noch also für jene Zielgruppe, bei der dieses Kokettieren mit der Lust am Ekel am besten ankommen dürfte.

Die feministischen Ansätze, das feministische Kampfmanifest gegen den Hygienewahn der Gesellschaft, das die Romanvorlage sein wollte und wohl auch war, davon ist im Film kaum etwas übrig geblieben. Gegenüber der Romanvorlage wird das Eltern-Tochter-Verhältnis im Film ausführlicher thematisiert. Und so ist "Feuchtgebiete" dann teilweise der Versuch des Porträts eines traumatisierten Scheidungskindes - ein Scheidungskind, das dann etwa die frisch operierten Analverletzungen wieder aufreißt, in der Hoffnung, dass die Eltern doch noch gemeinsam am Krankenbett der Tochter stehen werden. Vom Buch auf die Leinwand übersetzte Szenen, die im Film letztlich aber wie kalkulierte Ekelmomente wirken.

Regisseur David Wnendt, der mit die "Kriegerin" 2011 ein viel beachtetes Langfilmdebüt präsentiert hat, weiß, dass das Publikum mit einer gewissen Erwartungshaltung ins Kino geht. Mit einer wohl auch voyeuristischen Neugierde. Dabei probiert Regisseur Wnendt zwischen Kameraführung und Schnitt viel aus, verleiht mit seiner rasanten Inszenierung dem Ganzen eine gewisse Leichtfüßigkeit. Aber abgesehen von dieser ästhetischen Klammer, sowie der Unbekümmertheit, mit der die Schweizerin Carla Juri in der Hauptrolle agiert - ist "Feuchtgebiete" ein filmisches Sumpfgebiet, das man lieber schnell hinter sich lässt. Darüber geredet - und zwar ausführlich - wird in den nächsten Wochen wohl trotzdem werden.