Experte erwartet langen Kampf in Ägypten

Die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Ägypten könnten sich noch lange hinziehen, vermutet der Nahost-Experte der Heinrich-Böll-Stiftung, Joachim Paul, im Ö1-Gespräch. Denn von einer einheitlichen Strategie des islamistischen Lagers könne keine Rede sein, so Paul.

Mittagsjournal, 16.8.2013

Joachim Paul von der Heinrich-Böll-Stiftung im Gespräch mit Elisabeth Manas.

Beabsichtigte Provokationen?

Das islamistische Spektrum Ägyptens setze sich nicht nur aus den Muslimbrüdern zusammen, gibt Paul zu bedenken. Zwar gebe es die Muslimbrüderschaft schon seit fast 100 Jahren, aber zusätzlich gebe es jetzt salafistische Bewegungen, deren stärkste Kraft, die Nur-Partei, bei der Wahl 2012 25 Prozent der Stimmen bekommen hat. Aber auch andere hätten sich in dem Konflikt nicht auf die Seite der Muslimbrüder gestellt.

Dass Armee und Polizei die gewalttätigen Auseinandersetzungen provozieren könnten, hält der Experte für durchaus wahrscheinlich. Denn die Sicherheitskräfte verhielten sich in dem Konflikt wie politische Akteure. Die große, schwer lösbare Frage sei nun, welche Mechanismen jetzt noch die weitere Steigerung der Gewaltspirale verhindern könnten. Aufrufe zu einem nationalen Dialog seien zwar kurzfristig aussichtslos, es gebe aber dazu keine Alternative. Das weitere Ausufern der Gewalt würde nur zum Zerfall der Gesellschaft und der staatlichen Institutionen führen.