"Zur Lage der Nation"

Mehr Alte: Strategien in Nordeuropa

Zehn Millionen Menschen in Europa leiden an Demenz, bis 2030 werden es 14 Millionen sein. Auch die Zahl der gesunden Alten wird stark steigen. Dieses neue Verhältnis von Jung zu Alt und von Krank zu Gesund wird sich stark auf die öffentlichen Haushalte auswirken. Die Politik hat auf diese Entwicklung bisher nur zaghaft reagiert, kritisieren Experten. Am größten war das Problembewusstsein im Norden Europas, etwa in Dänemark.

Mittagsjournal, 3.9.2013

"Nationaler Demenzplan"

Mittagessen. Küchenhilfe ist nicht einfach für Karin Friberg. Die Dänin lebt mit der Diagnose Alzheimer. Nicht mehr zu Hause, sondern gemeinsam mit Leidensgenossen: "Das Leben hier im Tageszentrum ist eine Erleichterung. Auch für meine Kinder. Sie lebten ständig in Angst, ich könnte nicht mehr nach Hause zurück finden." Dänemark hat schon vor Jahren einen nationalen Demenzplan erstellt - eine Seltenheit. Nur acht der 194 WHO-Staaten haben Strategien entwickelt, wie sie mit der großen Belastung umgehen werden. Die Pflege und Betreuung Demenzkranker ist in den meisten Staaten den Angehörigen überlassen, kritisiert David Evans von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Kleine, überschaubare Einheiten wie dieses Tageszentrum in Dänemark sollen flächendeckend errichtet werden, die Empfehlung von Alzheimer Experten, wie Maurice O´Connell, Chef der Alzheimergesellschaft in Irland sagt.

Die Kosten für eine gute Versorgung sind so hoch, dass sie die Haushaltskassen stark belasten werden. Geschätzte 250 Milliarden Euro werden europaweit bis 2030 gebraucht, um Betroffene zu versorgen und Angehörige zu entlasten. Eine Herausforderung für die ohnehin angespannte Finanzsituation in den EU-Ländern, sagt Brigitte Miksa. Die Psychologin beschäftigt sich für die Allianzversicherung mit der Tragfähigkeit der staatlichen Versorgungssysteme: "Die Alterung in Europa ist gar nicht so schnell. In Asien findet innerhalb einer Generation eine solche Alterung statt, wie wir sie in 120 Jahren erlebt haben. Wir haben vergleichsweise viel Zeit, wir haben sie nur sehr spät genutzt."

Pensionskorridor weist die Richtung

In diesem Punkt haben die nordeuropäischen Staaten die Nase vorn. Schweden ist in Europa das Land, das ältere Arbeitnehmer am längsten beschäftigt. Seit der Reform kann man zwar mit 61 in Pension gehen. Allerdings mit einem hohen Abschlag von 28 Prozent. Da liegt der Vorteil für Experten. Es gibt keine offizielle Altersgrenze mehr, erklärt Irena Kotowska von der Business School in Warschau. Der Pensionskorridor in Österreich gehe in die richtige Richtung, sagt auch Brigitte Miksa.

Jedes Jahr länger, hat das Institut der Deutschen Wirtschaft errechnet, bringt allein in Deutschland rechnerisch eine Million Erwerbstätige und damit eine Million Steuerzahler mehr.