"Chemiewaffen vernichten": Obama lenkt ein

US-Präsident Obama hat eine mögliche Abkehr von einem Militärschlag gegen Syrien in Aussicht gestellt. Er werde von einem Angriff absehen, wenn Syriens Machthaber Assad seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle stelle, meinte Obama am Montag in mehreren TV-Interviews. Er begrüßte damit einen entsprechenden russischen Vorschlag als "positive Entwicklung".

Morgenjournal, 10.9.2013

"Drohung hat gewirkt"

Der US-Präsident betonte, dass es ohnehin seine Präferenz sei, die Syrien-Frage ohne einen Militäreinsatz zu lösen. Es habe sich aber bereits gezeigt, dass allein die Androhung eines Angriffs schon dazu geführt habe, dass Russland und Syrien sich bewegten, meinte er. Die Idee selbst sei aber nicht neu. Er habe seit mehr als einem Jahr häufiger mit Kremlchef Wladimir Putin darüber gesprochen, zuletzt in der vergangenen Woche beim G20-Gipfel im russischen St. Petersburg. Der Präsident zeigte sich aber auch skeptisch: "Wir wollen keine Hinhaltetaktik", sagte er. Assad müsse zeigen, dass er ernst meine.

Abstimmung verschoben

Unterdessen verschob der US-Senat eine Probeabstimmung über einen Militärschlag. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sagte, er wolle dem Präsidenten mehr Zeit geben, das Volk über die Vorgänge zu informieren. Es sei wahrscheinlich, dass die 100 Senatoren noch innerhalb der laufenden Woche abstimmen, hieß es aus dem Umfeld Reids. Die Demokraten von Präsident Barack Obama verfügen im Senat über eine Mehrheit. Es ist jedoch unklar, ob die Befürworter eines Angriffs 60 Stimmen zusammenbringen können, um eine Sperrminderheit der Gegner zu brechen. Obama ließ offen, ob er auch ohne Autorisierung durch die Parlamentarier zuschlagen würde.

Positive Reaktionen

Der Vorschlag seines russischen Amtskollegen Sergej Lawrow verdiene eine genaue Prüfung, kommentierte der französische Außenminister Laurent Fabius am Montagabend. Damit er angenommen werden könne, müssten allerdings mindestens drei Voraussetzungen erfüllt seien. Als wichtigste Punkte nannte Fabius die Zerstörung des kompletten syrischen Chemiewaffen-Arsenals unter internationaler Kontrolle, eine verbindliche UN-Resolution dazu sowie eine Bestrafung der Verantwortlichen für das "chemische Massaker" am 21. August.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sieht im russischen Vorschlag einen wichtigen Vorstoß zur Lösung des Konflikts. In der ARD-Sendung "Wahlarena" bezeichnete sie die Äußerungen Lawrows am Montagabend als "interessante Vorschläge". Es bleibe abzuwarten, ob diesen Worten Taten folgten. Deutschland werde weiterhin alles für eine politische Lösung tun.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will Syrien zur Herausgabe und Vernichtung seiner Chemiewaffen auffordern. Sollte der Bericht des UN-Expertenteams ergeben, dass solche Waffen in dem Bürgerkriegsland eingesetzt worden seien, dann werde er den Sicherheitsrat um diese Forderungen bitten, sagte Ban am Montag vor Journalisten in New York. "Ich überlege, den Sicherheitsrat zu bitten, dass er Damaskus zur sofortigen Übergabe der chemischen Waffen an Orte in Syrien auffordert, wo sie sicher gelagert und zerstört werden können." Ähnliche Forderungen von US-Außenminister John Kerry und Lawrow begrüße er, so Ban.

Tauziehen der Großmächte

Russland hatte als Zugeständnis an die USA seinen engen Verbündeten Syrien zur Vernichtung der Chemiewaffen aufgefordert. Die Führung in Damaskus müsse zudem der Chemiewaffenkonvention beitreten, hatte Lawrow am Montag in Moskau gefordert. Wenn dies helfe, einen US-Militärschlag zu verhindern, werde sich Russland bei dem syrischen Machthaber Bashar al-Assad dafür einsetzen.

Die US-Regierung macht Assad für einen Giftgaseinsatz am 21. August verantwortlich, bei dem nach ihren Angaben mehr als 1.400 Menschen starben. Die syrische Regierung hat die Verantwortung wiederholt zurückgewiesen. In dem seit mehr als zwei Jahren dauernden Bürgerkrieg sind mindestens 100.000 Menschen gestorben, Millionen Syrer sind im In- und Ausland auf der Flucht.
(Text: APA, Red.)

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