Fünf Jahre nach der Lehman-Pleite
Vor fünf Jahren brach die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammen, das viertgrößte Bankinstitut der Wall Street. In der Folge schlitterte eine Bank nach der anderen in die Insolvenz, das globale Kreditsystem kollabiert. Die Pleite einer einzigen Bank führte zu einer der schlimmsten Krisen der Weltwirtschaft seit den 1930er Jahren, die bis heute nicht überwunden ist.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 13.9.2013
Beginn einer Abwärtsspirale
15. September 2008 - eine Nachricht geht um die Welt. Die Lehman Brothers, viertgrößte Wall Street Bank der USA, ist pleite. "Wenn ich daran denke, habe ich immer noch einen Knoten im Bauch", erinnert sich der damalige Finanzminister Henry Paulson heute. "Aber es war für uns damals die beste Option. Denn die Lehman-Pleite war nicht die Ursache der Krise, sondern ein Symptom."
Ein Symptom für ein Finanzsystem, dem seine immer riskanteren Spekulationen schließlich auf den Kopf fallen. Jahrzehntelang wird der Konsum der Amerikaner auf Pump finanziert, Hypotheken und Kredite werden ohne sichere Garantien vergeben, mit den Risiken wird an der Wall Street spekuliert.
So lange, bis Ende 2007 der Immobilienmarkt zusammenbricht und mit ihm Banken wie Lehman. Eine Abwärtsspirale beginnt. Denn die Banken trauen sich gegenseitig nicht mehr über den Weg, der Kreditmarkt kollabiert.
Reaktion von Politik und Notenbanken
"Wir wussten, wir müssen schnell handeln", erinnert sich Paulson, "sonst wäre das das Land in die Zeit der Großen Depression zurückgeworfen worden." Die Regierung beschließt eine Finanzspritze von rund 700 Milliarden Dollar für die größten US-Banken. Die Notenbanken senken die Zinsen und machen Geld so billig wie nie. Und im Dezember folgt die politische Konsequenz: der Dodd Frank Act, eine der weitestreichenden Finanzmarktreformen in der Geschichte der USA.
Dodd Frank definiert bestimmte Finanzinstitute als "too big to fail", als zu wichtig, um pleite zu gehen, erklärt der Ökonom Mark Calabria. Wird jetzt eine Firma so eingestuft, wird sie strenger kontrolliert, muss zusätzliche Vorschriften erfüllen. Mehr als 400 Regeln sieht Dodd Frank vor: die Trennung von Geschäfts- von Investmentbanken, mehr Eigenkapital für Banken, Beschränkungen der Risikogeschäfte, jährliche Stresstests. Doch bis heute seien nicht einmal die Hälfte der Maßnahmen umgesetzt worden, erzählt Calabria. Denn vor einer weitreichenden Regulierung schreckt die Politik zurück: "Die Finanzinstitute sind eine mächtige Lobby, sie versuchen natürlich, auf die Politik Einfluss zu nehmen, darauf, was Gesetz wird und was nicht."
Nichts gelernt?
Heute seien die amerikanischen Banken krisenfester als vor fünf Jahren, sagt Calabria. Aber die Probleme wurden nur oberflächlich behandelt. Statt langfristiger Konjunkturprogramme steht heute wieder der Konsum der Amerikaner im Mittelpunkt der US-Wirtschaftsleistung. Neue Kreditbooms, neue Schulden, und noch größere Banken. "Die Regierung glaubt, dass wir dir Krise einigermaßen gut gemeistert haben", sagt der Ökonom Mark Calabria. "Aber wenn wir uns ansehen, wie wir auf die Faktoren reagiert haben, die uns diese Krise eingebrockt haben, haben wir versagt."
Auch die US Wirtschaft erholt sich aber nur quälend langsam. Die Konjunktur ist weiterhin im Keller, die Armutsquote in den USA hat neue Rekorde erreicht, die Arbeitslosigkeit stagniert. Der große Crash ist ausgeblieben. Aber die Gefahr ist nicht gebannt.