Fünf Jahre nach Lehman: Weiter Crash-Gefahr

Fünf Jahre nach der Lehman-Pleite ist die Crash-Gefahr immer noch nicht gebannt. "Wir haben gut gelöscht, aber zu wenig gelernt", sagt Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) im Ö1-Gespräch.

Mittagsjournal, 13.9.2013

WIFO-Chef Karl Aiginger im Gespräch mit Andrea Maiwald

Strukturen unzureichend

Man könne nach wie vor nicht mit sagen, dass eine Wiederholung der Vorgänge um Lehman ausgeschlossen ist, so Aiginger. Die Strukturen seien noch immer nicht entsprechend geändert, die Arbeitslosigkeit sei gestiegen, die Wirtschaftsleistung liege noch immer unter jener vor der Krise - "zum Unterschied jener der USA, die fünf Prozent darüber liegt", hebt Aiginger hervor.

Die Banken seien zwar stärker reguliert als vorher, aber sie seien nach wie vor nicht aus der Krise. Sie benötigten mehr Eigenkapital, müssten riskante Geschäfte abbauen und mehr in die Realwirtschaft investieren. Dazu komme, dass die geplante Bankenunion mit der Europäischen Zentralbank als oberstem Wächter noch nicht feststeht. Aiginger warnt auch davor, die Bankenunion zu verwässern: "Die Bankenunion ist ganz essentiell, weil nur eine höhere Instanz die Macht hat, Banken zu schließen." Es gebe noch immer zu viele Banken in Europa, auch in Österreich gebe es zu viele Filialen. "Aber die nationalen Behörden können da nicht eingreifen, weil die Banken politisch sehr stark sind."

"Verlorenes Jahrzehnt"

Aiginger wäre außerdem dafür, riskantere Geschäfte wie jene von Schattenbanken mit einer Finanztransaktionssteuer zu besteuern. Aber dafür gebe es keine politische Lösung und der Finanzsektor lobbyiere "Tag und Nacht" dagegen, bedauert der WIFO-Chef. Offenbar schaffe es die Politik nicht, den Spekulanten das Handwerk zu legen, "und das kostet Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum - und so kann es sein, dass aus dem verlorenen Jahrfünft ein verlorenes Jahrzehnt wird."

Handlungsbedarf sieht Aiginger auch weiterhin in der Euro-Krise und erwartet, dass eine Diskussion über Eurobonds unausweichlich sein wird. Außerdem müssten die Schulden der Schuldenländer "zumindest sehr stark gestreckt" werden. Zu finden sei auch erst eine Balance zwischen Sparen und Investieren. Dennoch ist der WIFO-Chef "ganz sicher" dass die Euro-Zone nicht nur halten, sondern auch an Mitgliedern wachsen wird.