"Tatort": Ermittlermangel bei Prostitution
In Wien gibt es laut Schätzungen der Polizei rund 6.000 Prostituierte. Hunderte, wenn nicht tausende von ihnen sind Opfer von Zwangsprostitution und brutalen Menschenhändlern. Das hat am Sonntag auch die Fernsehsendung „Tatort“ aufgezeigt. Auf die 6.000 Prostituierten kommen nur 6 Ermittler, die auf Prostitution und Menschenhandel spezialisiert sind. Die Polizeigewerkschaft fordert nun mehr Personal.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 17.9.2013
Sechs statt 36 Ermittler
Die Zahl der Prostituierten ist seit Jahren fast unverändert hoch. Und durch die Wirtschaftskrise steigt die Gefahr, dass speziell Rumäninnen und Bulgarinnen als Opfer von Menschenhändlern nach Wien kommen. Aber die Zahl der Ermittler hier ist gesunken. Gab es vor rund 5 Jahren in Wien noch 36 auf Menschenhandel und Prostitution spezialisierte Kriminalisten, hat sich die Zahl mittlerweile auf einen Bruchteil reduziert, kritisiert der oberste Polizeigewerkschafter Hermann Greilinger: "Im Bereich Ermittler für Prostitution gibt es eine Gruppe, die mit 6 Kolleginnen und Kollegen ausgestattet ist. Die Zahlen aus dem Tatort stimmen."
Somit kommen 6 Ermittler auf 3.200 offiziell registrierte Prostituierte und von der Polizei geschätzte 3.000 illegale Prostituierte, macht insgesamt geschätzte 6.000 in Wien. Und es gibt 270 genehmigte Rotlichtlokale in der Bundeshauptstadt, weitere 70 sind in der Warteschleife, sagt der Bundeskriminalamts- Abteilungsleiter gegen Menschenhandel Gerald Tatzgern. Polizeigewerkschafter Greilinger fordert nun zumindest die Verdoppelung der Ermittler-Zahl. "Wir fordern zumindest eine zweite Gruppe, damit man wirklich Kriminalität in diesem Bereich bekämpfen kann."
Wodurch aber ist die Reduktion zustande gekommen - dem Vernehmen nach durch Pensionierungen ohne Nachbesetzung, durch Polizeireformen und Umstrukturierungen. Der Prostitutions-Bereich sei auch nicht besonders beliebt und Image-fördernd unter den Kollegen, sagt Albert Lager, Polizei-Gruppenleiter für Menschenhandel in Wien. Die Ermittlungen seien besonders schwierig, weil die Opfer von Frauenhandel oft eingeschüchtert sind und keine Aussage bei der Polizei machen.
Polizeisprecher Johann Golob sieht die Personalsituation nicht dramatisch. Er argumentiert, die 6 Ermittler seien nur die Speerspitze und würden unterstützt - etwa von den knapp 30 Ermittlern im Bereich Schlepperei, von uniformierten Polizisten und von Ermittlern des Bundeskriminalamts. Ja, aber nur bei großen Schwerpunktaktionen und internationalen Ermittlungen, sagt Chefermittler Tatzgern. Er betont, dass es bei Ermittlungen im Bereich Prostitution und Menschenhandel auf sensibles Vorgehen, auf die Einhaltung der Menschenrechte sowie Fingerspitzengefühl und Wertschätzung gegenüber den Prostituierten ankomme. Da sei absolutes Spezialistentum nötig - aber es gibt eben nur 6 Spezialisten in Wien.
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