Atomprogramm: Einlenkende Töne aus Teheran

Seit im Iran vor einem Monat der neue, gemäßigte Präsident Hassan Rouhani den Hardliner Achmadineschad abgelöst hat, gib es wieder Hoffnungen, dass es vielleicht doch eine Lösung für den Atomstreit zwischen dem Iran und dem Westen geben könnte - die USA und Europa verdächtigen den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms eine Atombombe zu entwickeln.

Mittagsjournal, 17.09.2013

Iran: neue Vertrauensbasis mit den USA

Der neue iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif verspricht, zu den USA eine neue Vertrauensbasis aufzubauen. Der neue iranische Atompolitik-Chef Ali Akbar Salehi erklärt, sein Land sei bereit, die Hand auszustrecken. Und der neue Präsident des Irans, Hassan Rouhani, betont bei jeder Gelegenheit: "Wir wollen die schnellstmögliche Lösung der Atomfrage im Rahmen internationaler Standards."

Experte: Atmosphäre ist gut

Grund für Hoffnung? Mark Fitzpatrick, der Iran- und Abrüstungsexperte des Londoner Internationalen Instituts für Strategische Studien bleibt zurückhaltend: "Alles, was wir bis jetzt gehört haben, könnte man als atmosphärisch bezeichnen. Die Hintergrundstimmung ist gut, aber die echten Verhandlungen haben ja noch nicht begonnen." Für Fitzpatrick ist klar, wer den ersten Schritt machen sollte: "Der Iran ist dran, etwas auf den Tisch zu legen", so der Londoner Experte.

Obama hofft auf Einigung

In den USA, dem Land, an das sich all die iranischen Gesten richten, zeigt sich Präsident Obama unterdessen zwar wohlwollend, aber vorsichtig. Es zieht einen Vergleich zu seiner Politik gegenüber Syrien: "Die Lehre, die der Iran daraus ziehen sollte, ist, dass die Möglichkeit besteht, solche Fragen diplomatisch zu lösen. Aber: Verhandlungen mit dem Iran sind immer schwierig, und auch der neue iranische Präsident wird es uns nicht plötzlich leichter machen. Aber ich denke, wenn man eine glaubwürdige militärische Drohung verbindet mit harten diplomatischen Anstrengungen, dann kann man sich einigen, und darauf hoffe ich."

"Hoffnungsvoller Moment"

Ein zu zurückhaltender Ansatz? Nein, sagt Mark Fitzpatrick: "Die USA haben ganz richtig darauf gewartet, dass sich die neue iranische Führung formiert", so Fitzpatrick. Kenneth Pollack, Nahost- und Militärexperte der Washingtoner Brookings Institution, widerspricht: "Das ist ein bemerkenswert hoffnungsvoller Moment. Ich glaube, der iranische Präsident Rohani steht zu dem, wie er sich öffentlich gibt", sagt Pollack und meint, die USA müssten ihm politisch mehr anbieten, als nur die Aussicht, vielleicht einen Teil der Wirtschaftssanktionen zurückzunehmen. "Rohani muss sich auch innenpolitisch behaupten. Und die größte Frage ist, ob die USA ihm genug geben können, dass er sich damit gegen die Hardliner im eigenen Land durchsetzen kann und in die Lage kommt, mit den USA ein Übereinkommen schließen zu können."

Verhandlungspunkt: Zeitplan

Der Londoner Iran-Experte Fitzpatrick gibt sich hingegen skeptisch gegenüber den Intentionen Rouhanis: "Bisher haben wir keinen fundamentalen Schwenk in der iranischen Position gesehen. Und diese Position lautet: Der Iran will die Fähigkeit erwerben, Atomwaffen zu bauen", so Fitzpatrick. Sind also die iranischen Ankündigungen, den Atomstreit so schnell wie möglich zu lösen, nicht ernst gemeint? "Der Punkt, über den man verhandeln kann, ist vermutlich nur der Zeitplan, also die Frage, wie weit können wir den Zeitpunkt, zu dem der Iran eine Atombombe bauen kann, in die Zukunft schieben."

Erste Kommunikation seit 34 Jahren

Doch auch Fitzpatrick muss einräumen: Letztlich sind alles derzeit nur Vermutungen. Denn darüber, was Rouhani wirklich vorhat und was er intern durchsetzen kann, weiß der Westen sehr wenig. Aber zumindest einen Fortschritt konnte US-Präsident Obama doch verkünden. Er hat Rohani einen Brief geschrieben: "Und Rouhani hat auch geschrieben. Wir haben noch nicht persönlich miteinander geredet, aber, ja, wir kommunizieren miteinander", so Obama. Iran-Experten werten das jedenfalls als die vermutlich erste gelungene hochrangige Kontaktaufnahme in den 34 Jahren, in denen die USA und der Iran keine diplomatischen Beziehungen mehr unterhalten.