Iran: Rouhanis Charmeoffensive

Die diesjährige UNO-Vollversammlung hat vor allem einen Superstar: Irans neuen Präsidenten Hasan Rouhani. Die ganze Welt schaut auf den bärtigen Staatschef, der erstmals seit Jahrzehnten wieder vorsichtigere Annäherungsversuche an den Westen unternimmt und überraschend versöhnliche Töne anschlägt. Neben seiner Teilnahme an der UNO Vollversammlung nützt Rouhani seine Reise nach New York für eine breit angelegte Charmeoffensive.

Mittagsjournal, 26.9.2013

Versöhnliche Töne

Zahlreiche bilaterale Gespräche, Fernseh-Interviews und Podiumsdiskussionen: Der neue iranische Präsident Hasan Rouhani nützt jede Gelegenheit, um den neuen Kurs des Iran zu bewerben. Er redet, er lächelt, er antwortet – und er richtet sich sogar auf Englisch an die Amerikaner: "Ich bringe Frieden und Freundschaft", sagt Rouhani im Interview mit dem TV-Sender CNN. Und beginnt damit, einen schmutzigen Teller nach dem anderen abzuwaschen, den sein Vorgänger Mahmoud Ahmadinedschad hinterlassen hat. Nein, die iranische Führung sei nicht anti-semitisch, betont Rouhani. Und sie stelle auch nicht historische Fakten wie den Holocaust in Frage: "Wir verurteilen und verabscheuen jedes Verbrechen, das in der Geschichte der Menschheit passiert ist", sagt er. "Und wir respektieren zutiefst die Kultur und den Glauben der jüdischen Gemeinschaft."

Auch den restriktiven Zugang zu Internet und sozialen Netzwerken im Iran wolle er lockern, verspricht Rouhani: "Ich werde alles tun, dass die iranische Bevölkerung auf die globale Informationen bekommen, darauf haben alle ein Recht, auch diejenigen die auf sozialen Netzwerken Kritik üben."

US-Abgeordnete skeptisch

Und das ist das Kernthema aller seiner Auftritte: Der Iran habe nicht vor, chemische Waffen herzustellen. Die umstrittenen Kernanlagen in Fordo und Arak würden ausschließlich friedlichen Zwecken dienen. Doch genau das nehmen ihm viele amerikanische Politiker wie der republikanische Abgeordnete Ed Royce nicht ab. Er vermutet viel banalere Gründe hinter der neuen Freundlichkeit: "Der einzige Grund, warum sich die Iraner nun so verhalten, ist, weil sie besorgt sind, dass die Sanktionen, die wir im Kongress gegen sie verhängt haben, ihre Wirtschaft endgültig zum Erliegen bringen." Die USA dürfen sich davon nicht täuschen lassen, warnen gestern auch zahlreiche Senatoren beider Parteien in schriftlichen Stellungnahmen. Der Druck auf den Iran müsse in jedem Fall bestehen bleiben. "Rouhanis Ton hat sich verändert", sagt der Senator Bob Corker aus Tennessee, "aber wir haben noch keine Taten gesehen. Im Gegenteil, es hat sich nichts verändert, weiterhin wird an der Atombombe gebastelt."

Hoffnung auf Diplomatie

Trotz aller Kritik gibt es aber auch Hoffnung unter den amerikanischen Abgeordneten: "Diplomatie ist immer eine gute Lösung und wir müssen diese Chance in jedem Fall nützen. Aber wir müssen vorsichtig sein. Und weiterhin an den wirtschaftlichen Sanktionen festhalten. Dann werden wir weitersehen." Das Gegenteil also von dem Deal, den Rouhani derzeit propagiert. Er hat eine Lockerung der Sanktionen deutlich zur Bedingung für neuerliche Gespräche zum Atomprogramm gemacht. Wieder einmal wird der Ball wohl im US-Kongress liegen. Denn nur der könnte die iranischen Sanktionen endgültig rückgängig machen.