A People’s President

William Jefferson Clinton

War Bill Clinton ein erfolgreicher Präsident? War er den Amerikanern ein effizienter politischer Führer? Immerhin lief gegen den 42. Präsidenten der Vereinigten Staaten 1999 eines von bisher zwei Amtsenthebungsverfahren – wegen Meineids und Behinderung der Justiz im Zuge der Lewinsky Affäre.

Auch verlief der politische Aufstieg des drittjüngsten Präsidenten der USA alles andere als geradlinig. Clinton scheiterte anfänglich auch als jüngster Gouverneur seines Bundesstaates Arkansas, wo er zu rasch zu viel umsetzen wollte. Auch in seiner Anfangszeit im Weißen Haus agierte er chaotisch und wenig überzeugend.

Zieht man jedoch rückwirkend Bilanz, so zeigt sich, dass die Amtszeit von Bill Clinton von 1993 bis 2001 eine der wirtschaftlich erfolgreichsten und friedlichsten in der Geschichte der USA war. Unter Clinton erreichten die Vereinigten Staaten Ende der 1990er Jahre ihre unangefochtene Führungsrolle. Wie also lässt sich in der Politikwissenschaft die Präsidentschaft Bill Clintons einschätzen?

Einen Beurteilungsmaßstab liefert die Leadership-Forschung, die speziell das Führungsverhalten von Spitzenpolitikern unter die Lupe nimmt. Der Wiener Politologe und Volkswirt Georg Waldner hat seinen Ansatz an der Universität Bonn entwickelt:

Hoffnung und Optimismus

Obwohl es verschiedene Ansätze innerhalb der Leadersip-Forschung gibt, gehen fast alle von einem gewissen Einfluss der Persönlichkeit auf den politische Prozess aus, ohne zu vergessen, dass politische Strukturen und Zwänge zu berücksichtigen sind. Wie agierte Bill Clinton mit seiner Umwelt, mit seinen Beratern, seinen Wählern, wie ging er mit den Medien um und wie verarbeitete er Erfolg und Misserfolg? Wie sammelte und interpretierte er relevante Informationen und wie traf er letztlich seine Entscheidungen? Hier zeigen sich bei Bill Clinton einige besondere Fähigkeiten, die in dieser Kombination bei anderen US-amerkanischen Präsidenten nicht auftraten.

Clinton fiel überall durch hohes Engagement und Argumentationsstärke auf und wurde früh gefördert. Sein politisches Talent war unbestitten. Doch Clinton blieb auch später authentisch, hatte den Mut, gegen Mehrheitsstimmungen anzutreten und setzte viel daran, andere zu überzeugen. Den Sprung ins Präsidentenamt schaffte er als Reformdemokrat mit einem sowohl liberalen als auch konservativen politischen Programm des sogenannten Dritten Weges.

Als Präsident brachte sich Clinton wie kein anderer in Detailfragen ein, verlangte Offenheit bei den Zahlen, erwog jede Meinung seiner Berater, verausgabte sich bis zur Erschöpfung und ließ sich bei seinen Entscheidungen oft zu lange Zeit. Über allem jedoch stand seine Fähigkeit, aus eigenen Fehlern zu lernen, seine Harntäckigkeit und Beharrlichkeit im Umgang mit Niederlagen.

Außenpolitisches Engagement

Der Autor Georg Waldner ruft seinen Lesern auch in Erinnerung, welche großen Erfolge Bill Clinton im Schatten der politisch unwichtigen persönlichen Fehltritte zustande brachte. Innenpolitisch gelang ihm, wenn auch verzögert, die Budgetkonsolidierung und ein glänzender Wirtschaftsaufschwung, wobei er nur zeitweise auf die Unterstützung eines mehrheitlich aus Demokraten bestehenden Kongresses setzen konnte.

Außenpolitisch gelang Clinton der Abschluss des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA zwischen den USA, Kanada und Mexiko, das zum wirtschaftichen Aufstieg der USA wesentlich beitrug. Auch am Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation war Clinton wesentlich beteiligt, denn er war überzeugt, dass die Einbeziehung von Staaten in internationale Organisationen auch deren politische Öffnung und Demokratisierung förderte.

Clintons Fähigkeit, Konflikte zu moderieren, trug zur Lösung des Nordirland-Konfliktes ebenso bei wie zu einem konkreten Friedensplan für den Nahostkonflikt, der später leider nicht umgesetzt wurde. Doch nach dem Ende des Kalten Krieges galt Clintons Hauptengagement dem Aufbau einer starken Achse zwischen den USA und Russand.

Achillesferse Medien

Eindeutig gescheitert ist Clinton bei der Gesundheitsreform, die er letztlich der Wirtschafts- und Budgetpolitik geopfert hat. In seiner äußertst ausgewogenen Leadership-Studie übersieht der Autor Bill Clintons Schwächen nicht. Dazu zählt vor allem die langjährige Ohnmacht gegenüber den Medien, die zur unnötigen Skandalisierung seiner Politik beitrugen, aber seine politischen Leistungen kaum anerkannten.

Auch eine gewisse Nonchalance Clintons gegenüber den institutionellen Machtapparaten in Washington behinderte den Durchbruch in den Anfangszeiten, denn Clinton war ein Neuankömmling ohne Familienclans, ethnische oder sonstige politische Lobbies. Er hatte neben einigen langjährigen Mitarbeitern nur eine einzige lebenslange Stütze – seine Frau Hillary, die seine Politik maßgeblich mitbestimmte.

Es ist eine detailreiche und überzeugende Leadersip-Studie, die der Politologe und Volkswirt Georg Waldner hier erarbeitet hat. Trotz ihres wissenschaftlichen Niveaus, ist sie auch für Nichtspezialisten verständlich geschrieben. Dieses Buch erweiterte das Verständis für politische Führungsfragen und bietet auch eine ausführliche Analyse der Präsidentschaft Clintons. Ein Buch, das in keiner politischen Bibliothek fehlen sollte.

Service

Georg Waldner: "William Jefferson Clinton:
A People’s President. Eine Leadership-Studie", LIT Verlag