Vergangenheitsbewältigung in Guatemala
36 Jahre lang war das zentralamerikanische Land Guatemala von einem blutigen Bürgerkrieg geprägt. An den Maya-Ureinwohnern wurden Massaker und Menschenrechtsverletzungen verübt. Bis heute tut sich das Land mit der Aufarbeitung seiner dunklen Vergangenheit schwer. Erstmals Hoffnung auf eine ernstliche Auseinandersetzung gab der Prozess gegen Guatemalas ehemaligen Staatschef Efrain Rios Montt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.10.2013
Langsamer Prozess
In einem kleinen Dorf im guatemaltekischen Bezirk Chimaltenango spielen drei indianisch-stämmige Kinder die für die Region typische Musik. Der blutige Bürgerkrieg ist vorbei, vor 17 Jahren wurden mehrere Friedensabkommen unterzeichnet, doch für viele Menschen in Guatemala sind die Wunden noch frisch: "eine Familie wurde schwer vom Bürgerkrieg getroffen", sagt die 48jährige Juana Chavajai. "Ich erinnere mich wie sie in den Morgenstunden zu unserem Haus gekommen sind", erzählt die Frau . "Juanas Bruder wurde vor ihren Augen angeschossen und abgeführt. Der Bruder konnte aus einem Massengrab entkommen, ein zweiter Bruder wurde kurz danach entführt und kehrte nie wieder zurück." Der Prozess der Aufarbeitung sei sehr, sehr langsam, sagt Juana Chavajai.
Justiz und Versöhnung
"Am 10. Mai hatten wir die erste Verurteilung wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch ein nationales Gericht", sagt Guatemalas Staatsanwältin Claudia Paz y Paz. Da es in Guatemala kein Justizministerium gibt, ist die mutige Menschenrechtsexpertin die höchste Instanz in Sachen Justiz.
Ex-Diktator Efrain Rios Montt wurde im Mai zu 80 Jahren Haft verurteilt, unter seiner Herrschaft wurden die Maya-Ureinwohner mit blutiger Gewalt verfolgt: "Leider wurde dieses Urteil vom Verfassungsgericht annulliert", bedauert Claudia Paz y Paz und gibt zu verstehen, wie wichtig die gerichtliche Verurteilung der Verantwortlichen für sie ist: "Zwischen Justiz und Versöhnung gibt es eine direkte und unverzichtbare Verbindung. Die Justiz ist für die Opfer eine Möglichkeit in einer gleichgestellten Situation dem Täter zu begegnen und es ist, als ob wir den Opfern damit ihre verlorene Staatsbürgerschaft wieder zurück geben würden."
Präsident unterstützt Aufarbeitung
Obwohl Guatemalas derzeitiger Präsident Otto Perez Molina zu Zeiten des Bürgerkriegs im Militär diente, unterstützt er laut Generalstaatsanwältin die juristische Aufarbeitung der Vergangenheit. Der Präsident war ein Hauptakteur bei den jahrelangen Friedensverhandlungen. "Wir können die Vergangenheit nicht vergessen, müssen aber auch nach vorne schauen. Wir respektieren, wenn es gerichtlich Prozesse gibt und versuchen mit zahlreichen Programmen den Schmerz der Opfer zumindest ein wenig zu lindern", erzählt der Präsident Guatemalas.
Nach Auskunft der engagierten Generalstaaatsanwältin Claudia Paz y Paz sollen die Debatte und der Prozess gegen Ex Staatschef Rios Montt ab März/ April nächsten Jahres wieder aufgenommen werden.