Arbeitsmarktexperten: Mehr Flexibilität nötig
Geht es nach den Metallunternehmen, sollen die Mitarbeiter ein Zeitkonto führen, das je nach Auftragslage gefüllt oder geleert wird. Die Plus- und Minusstunden sollen über mehrere Jahre hinweg verrechnet werden können. Die Gewerkschaft sieht darin eine Streichung von Überstundenzuschlägen. So weit der aktuelle Konflikt. Im internationalen Vergleich zeigt sich: Österreich liegt im Mittelfeld, was die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten betrifft. Experten fordern mehr Flexibilität.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 28.10.2013
Ungewöhnlich: Überstunden meist bezahlt
Einige Wochen länger arbeiten und wenn der Auftrag erledigt ist, wieder kürzer in der Firma sein, ohne Zuschläge für die geleisteten Überstunden. Das ist in Skandinavien, Großbritannien oder Irland möglich, die europäischen Spitzenreiter, was flexible Arbeitszeiten betrifft. Die österreichischen Regelungen liegen im Mittelfeld, sagen die Arbeitsmarktexperten.
Auch hierzulande sind flexible Arbeitszeiten, einmal länger, einmal kürzer, möglich. Der Unterschied ist, dass bei uns die meisten geleisteten Überstunden bezahlt werden. In anderen Ländern würden sie öfter in Freizeit abgegolten, sagt der deutsche Arbeitsmarktforscher Werner Eichhorst vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit: "Das hat möglicherweise damit zu tun, dass die Arbeitszeitkorridore etwas kleiner sind als in anderen Ländern wie beispielsweise Deutschland."
In Österreich geht es ums Geld
In der deutschen Industrie sind größere Abweichungen von der Normalarbeitszeit möglich, als Ersatz gibt es Freizeit. Bei uns sind Überstundenzuschläge die Regel. "Die sind höher und werden offensichtlich auch öfters bezahlt. Das erklärt vielleicht auch ein bisschen, warum der Konflikt in Österreich so an Schärfe gewonnen hat, weil es hier doch um wesentliche Entgeltbestandteile geht", sagt Arbeitsmarktexperte Eichhorst.
In Österreich geht es also ums Geld. Der Forscher hat somit Verständnis für das Argument der Metaller-Gewerkschaft, das von der Industrie geforderte Zeitkonto würde Einkommensverluste bedeuten. Ein möglicher Ausweg: "Man muss das insgesamt mit der Frage verkoppeln, wie die Lohnentwicklung aussieht." Das heißt, der Wegfall bezahlter Überstunden sollte mit einer größeren Lohnerhöhung abgegolten werden. Anders werde sich so ein Konflikt nicht lösen lassen, meint Eichhorst, hier sei ein Entgegenkommen auf beiden Seiten sinnvoll.
Planung über ganze Beschäftigungsdauer
Prinzipiell hält Eichhorst aber wie sein Kollege von der Universität Wien, Oliver Fabel, mehr Flexibilität in Zeiten des globalen Wettbewerbs für notwendig. Fabel: "Wir brauchen mehr Flexibilität bei der Verteilung von Arbeitszeit über längere Zeiträume. Die Vorstellung Tag-Woche-Jahr ist im Management globaler Zusammenhänge zu klassisch, die ist überholt." Fabel denkt an Zeithorizonte über die Jahresfrist hinaus: "Im Prinzip über die Dauer eines Beschäftigungsverhältnisses."
Derzeit gilt die Durchrechnung in der heimischen Metallindustrie ein Jahr lang. Fabel weist aber auch auf gesundheitliche Aspekte des Themas hin. Längere Tagesarbeitszeiten in der Industrie von zehn oder elf Stunden seien für die Gesundheit der Mitarbeiter problematisch.