Olympische Spiele: Sotschi noch nicht bereit

In genau hundert Tagen werden im russischen Schwarzmeerkurort Sotschi die Olympischen Winterspiele eröffnet. Es werden, so verspricht Russlands Präsident Wladmimir Putin, Spiele der Superlative. Doch noch scheint die subtropische Stadt alles andere als bereit, Menschenrechtler beklagen die Ausbeutung von Arbeitsmigranten und auch die Angst vor Terroranschlägen wächst.

Mittagsjournal, 29.10.2013

Aus Russland berichtet ORF-Korrespondentin

Bauprojekte noch nicht fertig

Jubel an einem ungewöhnlichen Ort: Die olympische Fackel hat auf ihrem Weg nach Sotschi auf dem Nordpol Halt gemacht. Russland inszeniert die Olympischen Winterspiele als Großspektakel. Präsident Wladimir Putin warnt Organisatoren und Baufirmen, dass der 7. Februar als Eröffnungstag nicht verschiebbar sei.

Das sagt er aus gutem Grund. Noch immer sind viele Bauprojekte nicht fertig gestellt, etwa das Prestigestadion Fischt, in dem die Eröffnungsshow stattfinden soll. Und das, obwohl mit fast vier Milliarden Euro mehr investiert wird als je zuvor in der Geschichte der Olympischen Winterspiele. Doch ein Großteil des Geldes sei in dunklen Kanälen verschwunden, kritisieren Oppositionelle die grassierende Korruption und die Bauskandale rund um die Spiele.

Demonstrationsverbot während der Spiele

Präsident Putin ist unterdessen unermüdlich in Sotschi unterwegs, kontrolliert persönlich die Vorbereitungen und will Russland vor den Augen der Welt als offenes und modernes Land präsentieren. Alle seien hier willkommen, meint Putin, und versucht, die Furcht vor Diskriminierung Homosexueller zu zerstreuen: "Wir tun alles, damit sich Sportler, Fans und Gäste wohlfühlen, unabhängig von ihrer Volksgruppe, Rasse oder sexuellen Orientierung."

Hintergrund ist ein international scharf kritisiertes russisches Gesetz, das praktisch jede öffentliche Äußerung zur Homosexualität unter Strafe stellt. Um Sotschi vor etwaigen Kundgebungen für die Gleichberechtigung Homosexueller zu "verschonen", verhängte Putin für die Dauer der Spiele ein Demonstrationsverbot.

Ausbeutung von Arbeitern

Doch nicht nur deswegen schlagen Menschenrechtler Alarm. Sie kritisieren, dass die zehntausenden aus Zentralasien stammenden Arbeiter auf den Baustellen Sotschis wie Sklaven ausgebeutet würden. Dazu Jane Buchanan von Human Rights Watch: "Oft werden den Arbeitern keine Löhne bezahlt und vielen wurden die Pässe abgenommen, damit sie das Land nicht verlassen können."

Unterdessen steigt in Russland auch die Furcht vor Terrorakten. Der Islamistenführer Doku Umarow aus der Unruheregion Nordkaukasus, unweit von Sotschi, rief zu Anschlägen auf, um die Spiele zu verhindern. Vor kurzem sprengte eine Selbstmordattentäterin in Südrussland einen Bus in die Luft, sechs Menschen starben. Die russischen Behörden versprechen sichere Spiele, doch die Nervosität bleibt.