Merkel-Abhöraffäre: "Europa ist scheinheilig"

Die Merkel-Abhöraffäre stellt die Beziehungen zwischen Europa und den USA auf eine harte Probe. Obama ist um Schadensbegrenzung bemüht. Er erwägt, so heißt es aus Regierungskreisen, die Überwachung von Regierungschefs befreundeter Staaten zu verbieten und verspricht eine Überprüfung der Abhörpraktiken. Der Kongress spielt den Ball jetzt aber zurück nach Europa: die Europäer sollen nicht so scheinheilig tun.

Morgenjournal, 30.10.2013

"Alle spionieren jeden aus"

Es ist der Tag der Geheimdienstchefs im Repräsentantenhaus des Kongresses und ihre Botschaft ist deutlich: Kritik ist unangebracht, Spionage dient der Terrorabwehr. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses Mike Rogers fragt den Direktor der Nationalen Geheimdienste James Clapper: "Glauben Sie, dass unsere Verbündeten, auch die USA, US-Geheimdienste und unsere Geheimdienste ausspionieren?" "Ganz sicher", antwortet Clapper. Die meisten Verbündeten, fügt NSA-Direktor Keith Alexander hinzu, tun das auch heute noch.

"Datensammlung zur Verteidigung"

Jüngste Medienberichte, dass die NSA mehr als 100 Millionen von Telefongesprächen in Spanien und Frankreich abgehört habe, seien völlig falsch. Die Daten, die da an die Öffentlichkeit gelangt sind, seien von denen, die sie gestohlen haben und von den Medien falsch interpretiert worden. "Um es klar zu sagen, es geht da nicht um Information, die wir über europäische Bürger gesammelt haben, das sind Informationen, die wir und unsere NATO-Partner zur Verteidigung unserer Länder gesammelt haben.", sagt Alexander. Die klare Botschaft der US-Geheimdienstler: "Wir tun nicht mehr und nicht weniger als Geheimdienste anderer Länder."

Was hat Obama gewusst

Das alles kann aber eines nicht überdecken: Die Debatte darüber, was Präsident Obama gewusst hat. Immer lauter wird die Frage: Was ist schlimmer? Obama hat gewusst, dass auch bei Verbündeten spioniert wird oder er hat es nicht gewusst. Und wenn er es nicht gewusst hat, dann muss der Präsident sich wieder einmal den Vorwurf gefallen lassen: Er führt nicht, er lässt die Dinge passieren.