NSA: Diplomatische Drohungen aus Berlin

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist extrem verärgert, seit sie weiß, dass von der amerikanischen Botschaft aus nicht nur sie selbst, sondern das gesamte Regierungsviertel abgehört wird. Ihr Innenminister droht jetzt US-Diplomaten mit rechtlichen Schritten.

Mittagsjournal, 29.10.2013

"Müssen Land verlassen"

Jeder, der in diesen Tagen an der amerikanischen Botschaft gleich neben dem Brandenburger Tor in Berlin vorbeigeht, schaut unwillkürlich nach oben. Auf dem Dach soll hinter grauen Sichtschutzwänden der amerikanische Lauschposten versteckt sein. Dass China und Russland von ihren Botschaften aus Spionage betreiben, gilt als gesichert, das steht sogar im Verfassungsschutzbericht der Deutschen. Den amerikanischen Freunden hat man das nicht zugetraut. Seit der Lauschangriff auf das Handy der Kanzlerin bekannt geworden ist, setzten sich frühere Beschwichtiger in der NSA-Affäre jetzt an die Spitze der Aufklärungsbewegung, allen voran der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich: "Wenn es uns gelingen sollte, die Schuldigen dingfest zu machen, dann kann es nur eine Konsequenz geben, nämlich eine Behandlung nach unseren Gesetzten. Und sollten sie Diplomatenstatus haben, kann das nur bedeuten, dass sie das Land verlassen müssen."

U-Ausschuss wahrscheinlicher

Auch die Kanzlerin hat ihre Haltung geändert, seit sie persönlich betroffen ist. Sie hat das Gefühl, dass ihr Vertrauen ausgenutzt wurde und ist sehr wütend darüber. In drei Wochen wird Angela Merkel in einer Sondersitzung des deutschen Bundestages eine Regierungserklärung zum deutsch-amerikanischen Verhältnis abgeben. Auch ein Untersuchungsausschuss wird immer wahrscheinlicher. Merkels Christdemokraten haben aufgehört, zu bremsen. Jetzt sind alle Parteien dafür, auch wenn den Politikern klar ist, dass sie ohne Mitwirkung der Amerikaner ziemlich hilflos sind. Der Sozialdemokrat Niels Annen gesteht das ganz offen ein: "Wenn ich mir die Informationspolitik des Weißen Hauses anschaue, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zeugen, die wir eigentlich befragen müssten, nach Deutschland kommen, sehr gering."

Asyl für Snowden?

Der wichtigste Zeuge wird nach wie vor in Russland vermutet: der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der mit seinen Enthüllungen die Affäre weltweit ins Rollen gebracht hat. Immer mehr Politiker fordern jetzt, ihn einzuladen und ihm sogar politisches Asyl in Deutschland zu gewähren.