Franz Küberl - soziales Gewissen der Kirche

Franz Küberl hat das Gesicht der römisch-katholischen Hilfsorganisation Caritas Österreich geprägt: In 18 Jahren Präsidentschaft hat Franz Küberl sich als Experte im Kampf gegen Armut, soziale Ausgrenzung und europäische Ignoranz gegenüber dem Elend in der Welt erwiesen. Unbequem war Franz Küberl, der nun seine Leitungsfunktion auf Österreich-Ebene abgeben wird, stets für Politiker ebenso wie innerhalb seiner Kirche.

Mittagsjournal, 30.10.2013

Konfliktgegner Innenminister

Franz Küberl hat sich mit allen Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte angelegt, von schwarz-blau und schwarz-orange bis zu den großen Koalitionen. Der Hauptkonflikt - jedenfalls für die Öffentlichkeit- galt stets dem jeweiligen Innenminister, vor dem Hintergrund des immer schärferen Fremdenrechts. Zum Beschluss des neuen Asylgesetzes und einer Verschärfung für Hilfsorganisationen durch ÖVP und FPÖ im Jahr 2003 sagte Küberl: "Der heutige Tag ist ein dunkler Tag."

Nicht nur der damalige Innenminister Ernst Strasser von der ÖVP bekam die Kritik des Caritas-Präsidenten zu spüren, auch alle seine Nachfolger. Als Günther Platter etwa Asylwerbern vorwarf, Verfahren zu verzögern, sagt Küberl, "da hat der Minister überhaupt nicht recht. Es ist eine Angelegenheit des Rechtsstaates, vernünftige Verfahren bereit zu stellen, damit geklärt werden kann, ob jemand Asyl bekommt oder nicht."

Oder beim Fall der Abschiebung der Familie Zogaj nach Bosnien und dem aufsehenerregenden Untertauchen der in Österreich großgewordenen Tochter Arigona: "Der Innenminister hätte auch im Fall Arigona selbstverständlich zugunsten des humanitären Bleiberechts entscheiden können. Ich bin sehr unglücklich darüber, dass er das nicht getan hat."

Kritik an den Regierenden

Auch nachträglich musste sich die Regierung Schüssel heftige Kritik durch den Caritas-Präsidenten anhören, etwa als es um die Verwendung von Spendengeldern für die Opfer der Tsunami-Katastrophe ging. Umgekehrt kämpfte Küberl viele Jahre für die inzwischen verwirklichte Absetzbarkeit von Spenden an Hilfsorganisationen.

Als sich 2010 die Große Koalition an die Einführung der Mindestsicherung macht, aber zuvor noch ein paar Arbeitsgruppen einsetzt, wird der Caritas-Präsident ungeduldig: "Da würde ich der Regierung gerne einen Rat mitgeben: Gründen Sie diese Arbeitsgruppen lieber dafür, dass möglichst viel Erwerbsarbeit gefunden wird."

Im selben Jahr bricht der Streit um ein drittes Erstaufnahmezentrum los, das nach geheimer Vorbereitung scheitert. Der damaligen Innenministerin Maria Fekter ließ Küberl ausrichten: "Wenn man etwas versemmelt beim Einfädeln, dann schaut's eben so aus."

Stets unbequem

Küberls Maxime: Wenn jemand in einer misslichen Situation ist, dann müsse man ihn unterstützen - das sagte er in Zusammenhang mit den Asylwerbern in der Wiener Votivkirche. Als heuer im Sommer acht Männer schließlich doch verhaftet wurden, sagte Küberl: "Diese Leute in ein Land, das verdammt unsicher ist, in dieser Situation abzuschieben, ist in Wirklichkeit die Errichtung eines humanitätsfreien Raumes."

Auch im ORF-Stiftungsrat galt der Caritas-Präsident stets als unbequemer Kopf: Küberl ist in diesem Gremium einer der wenigen unabhängigen Vertreter.